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Gegen obdachlosenfeindliche ArchitekturPolitpromo von Disarstar ist geil

Kommentar von Lotta Drügemöller

Kurz vorm Release seines neuen Albums hat der Hamburger Rapper Disarstar Barrieren gegen Obdachlose zerstört. Marketing? Wenn ja: Bitte mehr davon.

Hat die Flex angesetzt gegen obdachlosfeindliche Architektur: Hamburger Rapper Disarstar Foto: Miguel Ferraz

E s sieht ganz routiniert aus: Schweißerbrille auf, Flex zweimal ansetzen, zack, Bügel ab. Nächster Bügel. Der linke Hamburger Rapper Disarstar hat sich in einer Aktion zivilen Ungehorsams obdachlosenfeindlicher Architektur angenommen und provisorische Schlafplätze geschaffen.

Bei den Betonbänken, die zum Empire Riverside Hotel auf St. Pauli gehören, hatten bisher Metallbügel verhindert, dass Menschen sich ausstrecken können. „Man gönnt Obdachlosen nicht einmal den Dreck unter den Fingernägeln“, sagt Disarstar in seinem Video und breitet Matratze und Decke auf der befreiten Bank aus. „Nicht mal das Mindeste“, sprüht er auf den Beton.

Gut zwei Wochen vor dem Start seines neuen Albums „Rolex für alle“ kommt das Video raus – den Verdacht, dass es um eine „Promoaktion“ geht, kann man da schon mal äußern. Wird auch getan. Aber ehrlich: Scheißegal. Disarstar hat ziemlich vieles ziemlich richtig gemacht: Eine kleine Aktion, für einen einzelnen machbar, trotzdem mit Sofortwirkung für jene, die's brauchen. Und symbolträchtig genug, um über sich selbst hinauszuweisen.

Das Ganze versieht er mit Kontext: Im Video wird die Flex-Aktion gegengeschnitten mit einem Pamphlet gegen investorenfreundliche Stadtgestaltung und Schikanen wie Anti-Junkie-Musik am Bahnhof. „Natürlich geht es hier nicht um die lösungsorientierte Auseinandersetzung mit einem Problem“, sagt Disarstar in die Kamera. „Es geht einzig und allein um Verdrängung.“ Am Ende gibt's noch einen Hinweis zum Weiterhelfen: Eingeblendet wird das Spendenkonto fürs CaFée mit Herz, eine Obdachlosenanlaufstelle auf St. Pauli.

Nix gegen Promo mit guten Folgen

Wünschen kann man sich in Wirklichkeit nur mehr solche Promo-Aktionen: Nix gegen Charitykonzerte fürs Klima, aber das stärkere Zeichen wär's schon, sich vor der Konzertreise vor die Einfahrt vom Kohlekraftwerk zu kleben.

Nix dagegen, wenn Stars die Logos von NGOs in die Kamera halten – aber warum nicht zum nächsten Albumstart eine Hausbesetzung gegen Gentrifizierung starten? Und Bekenntnisse auf roten Teppichen zur gesellschaftlichen Vielfalt sind toll – aber Randale im richtigen Flugzeug zum nächsten Filmstart könnte auch direkt eine Abschiebung verhindern helfen.

Alles Marketing? Klar. Und zum Glück geil.

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