NPD in Schleswig-Holstein: Getarnter rechter Protest
Am Samstag will die NPD in Neumünster demonstrieren. Sie will damit aus der Krise Kapital schlagen.
D ie rechten Proteste gegen die steigenden Alltagskosten gehen nicht nur weiter, in Sachsen erfahren die Demonstrationen wegen der gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise starken Zulauf. Aus Leidensgemeinschaften erstarken in mehreren Bundesländern Widerstandsgemeinschaften. In Niedersachsen brachte der Protest der AfD 18 Mandate im Landtag. Die NPD hofft in Schleswig-Holstein nun, die berechtigten Sorgen wegen der Sanktionen gegen Russland nutzen zu können – aber nicht offiziell.
Am kommenden Samstag soll in Neumünster eine Demonstration stattfinden. Das Motto: „Energiekrise beenden – bürgerfeindliche Politik stoppen!“ Bunte Piktogramme von Menschen – Mann und Frau, jung und alt – zieren den Aufruf. In farbigen Lettern wird dazu aufgerufen, sich zum Auftakt vor dem Bahnhof zu versammeln. Die Aufmachung des Aufrufs erinnert an die Appelle für Aktionen gegen die staatlichen Pandemiemaßnahmen. So sollen ebenso Transparente, Plakate, Fahnen, Trillerpfeifen, Trommeln und Tröten mitgebracht werden, um den „Unmut kundzutun“.
Ein Parteilogo fehlt auf dem Aufruf. Im Impressum wird kein Parteiname angegeben. Ein Postfach in Neumünster findet sich unter den Demoaufruf, dessen Nummer ist allerdings nicht die Nummer der örtlichen NPD. Einen Namen geben die Veranstaltenden aber an: Karin Mundt. Sie ist keine Unbekannte: Am 25. Oktober 2020 wählten die NPD-Mitglieder sie zur Beisitzerin im Landesvorstand. Auf ihrer Website berichtete die älteste rechtsextreme Partei von der Wahl auf dem Landesparteitag.
In der Szene ist Mundt jedoch nicht durch ihre Parteiaktivitäten bekannt und berühmt geworden. Sie ist eine der wenigen weiblichen Stars des Rechtsrocks. Die Liedermacherin aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde tritt auch unter dem Pseudonym „Wut aus Liebe“ auf und singt gern über die Liebe zum Vaterland und zu den „harten Kerlen“.
In Neumünster spielte sie öfters in der Szenekneipe „Titanic“, 2020 als Vorband für die Rechtsrockband „Oidoxie“. Sie begleitete auch NPD-Events und Solidaritätsbekundungen für die verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel. Bei einem Aufmarsch der „Hooligans gegen Salafisten“ spielte sie live.
Die Aufmachung des Aufrufs zur Demonstration mag moderat erscheinen, die Aussagen sind es weniger. Mundt fordert „bezahlbare Energie“, „Schutz der Sozialsysteme“ und ist gegen „Sanktionspolitik und Waffenexport“ für „den Frieden“. Sie ruft aber sogleich dazu auf, die „grüne Mißwirtschaft“ zu beenden und fordert, nicht länger zuzusehen, „wie die Regierung unser Volk in den Ruin treibt! Es reicht, geht mit uns auf die Straße!“ Mit ihnen? Also mit der NPD. „Wir holen uns unser Land zurück“, heißt es weiter, erneut mit Ausrufezeichen.
Dass die Aktion in Neumünster geplant ist, dürfte der starken Verankerung der NPD vor Ort geschuldet sein. Der NPD-Landesvorsitzende Mark Proch sitzt mit Horst Micheel im Rat der Stadt. Eine Gegendemonstration fordert eine „Seebrücke – schafft sichere Häfen“. Sie weist auf die NPD bereits im Motto hin: „Solidarisch durch die Krise(n) – Der NPD die Stirn bieten“.
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