Kostensteigerungen durch Inflation: Kliniken fürchten Versorgungslücken

Hamburger Kliniken wollen einen Inflationszuschlag, um ihre Kosten decken zu können. Hilfe fordern auch Häuser in Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

Der Flur eines Krankenhauses. Im Hintergrund zwei Pflegekräfte

Könnte bald wieder überfüllt sein: Notaufnahme in der Asklepios-Klinik in Hamburg-Harburg Foto: Christian Charisius /dpa

HAMBURG taz | Weil die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser dramatisch sei, fordern Kliniken in Hamburg „so schnell wie möglich einen Inflationszuschlag“, sagt Joachim Gemmel, Erster Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft. Gehe die Situation unverändert weiter, drohten überfüllte Notaufnahmen, lange Wartelisten und sogar Schließungen.

96 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland könnten ihre Kosten nicht mehr aus laufenden Einnahmen decken. Dies geht aus einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts hervor. Kliniken sehen sich durch die Inflation zunehmenden Energie-, Personal- und Einkaufskosten gegenüber. Einer Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge droht die Situation sich 2023 zu verschlechtern.

Für Schließungen könnten bereits die steigenden Energiekosten sorgen, so der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. Aktuelle Berechnungen prognostizierten Energie-Mehrkosten von sechs Millionen Euro pro Krankenhaus im kommenden Jahr – Ausgaben, die nicht gedeckt seien. Insgesamt sei bundesweit ein Fehlbetrag der Krankenhäuser von bis zu zehn Milliarden Euro zu erwarten. Kurzfristige Finanzhilfen dieser Größenordnung konnten in der jüngeren Vergangenheit auch beispielsweise für die Rettung der Lufthansa mobilisiert werden – nun sei es auch Zeit, dies für Krankenhäuser zu leisten, betont Gaß.

Anders als in der freien Wirtschaft können Kliniken die Teuerung nicht an die Kun­d:in­nen weitergeben. Sie könnten ihre Verluste daher vorrangig nur durch Personalabbau bekämpfen, welcher bereits die pandemiebedingten Bettensperrungen und dadurch entstandenen Engpässe in der Gesundheitsversorgung mitverursacht hatte. Käme es in der „angespannten Lage“, so der HKG-Vorsitzende Gemmel, zu Entlassungen, entstünden Versorgungslücken, „die im Herbst und im kommenden Jahr für die Menschen auch bei uns in Hamburg spürbar werden“.

Anders als in der freien Wirtschaft können Kliniken die Teuerung nicht an die Kun­d:in­nen weitergeben

Der Versorgungsaufschlag in Krankenhäusern und Kliniken, welcher coronabedingt notwendige organisatorische und hygienische Zusatzmaßnahmen finanzierte, endete zum 1. Juli. Eine zusätzliche Finanzierung habe es seither nicht gegeben. Mit Blick auf den Herbst und den zu erwartenden Anstieg der Infektionszahlen fordert die Hamburgische Krankenhausgesellschaft von Gesundheitsminister Lauterbach, den Versorgungsaufschlag zu revitalisieren.

Auch Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) hatte bereits einen „gesetzlichen Inflationsausgleich mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt“ gefordert. Vor dem Hintergrund dieser „existenziellen Krise“, so Behrens, „deren Auslöser mit dem Gesundheitssystem selbst aber gar nichts zu tun hat“, sei es nur folgerichtig, diesen Ausgleich aus Steuermitteln des Bundes zu finanzieren.

„Die Gesundheitsversorgung steht vor genügend schwierigen Herausforderungen“, betont auch Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU), „eine zusätzliche Belastung durch explodierende Kosten kann deshalb nicht unbeantwortet bleiben und erfordert kurzfristig, unkompliziert und schnell Unterstützung durch den Bund“.

Das Bundesgesundheitsministerium hat wegen der stark gestiegenen Betriebskosten unterdessen ein Hilfspaket angekündigt. Entsprechende Konzepte seien bereits in Arbeit. DKG-Vorstandsvorsitzender Gaß kritisiert jedoch genau diese Vorgehensweise „von Hilfspaket zu Hilfspaket“. Es müssten auch langfristige Strukturänderungen her. Dem stimmt auch das Bundesministerium zu. In den nächsten Wochen sollen konkrete Vorschläge mit den Ländern abgestimmt werden.

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