Fridays for Future-Protest in Berlin: Streiken gegen das Krisenklima
Fridays for Future bereiten den elften Globalen Klimastreik vor. Die Berliner Ortsgruppe will sich an Sozialprotesten beteiligen.
Der Bannerspruch gibt bereits vor, wofür sich dieses Mal bundesweit Zehntausende Schüler:innen am weltweit stattfindenden Schulstreik beteiligen werden. Der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die mit ihr einhergehenden sozialen Verwerfungen gehen auch an der Klimabewegung nicht spurlos vorbei. Vergangene Woche forderte die Bewegung ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro, das wie das Vermögen für die Bundeswehr finanziert und mit dem neben Klimaschutzmaßnahmen auch Entlastungen wie ein 0-Euro-Ticket für den Nahverkehr bezahlt werden soll.
Während die anderen Banner malen, sagt Pressesprecherin Darya Sotoodeh der taz: „Unser Motto ist ‚People Not Profit‘, das gilt auch für die soziale Krise.“ Wenn Politiker:innen sagen würden, dass für Entlastungen kein Geld da wäre, stimme das nicht. „Es ist genug Geld da. Sowohl um Menschen zu entlasten, als auch um den Klimaschutz voranzutreiben.“
Aktionen Mit einer Kundgebung vor der Parteizentrale der Grünen sind die Aktionstage („Herbstrebellion“) der Klimaschutzgruppe Extinction Rebellion (XR) zu Ende gegangen. Die Aktivist:innen kritisierten, dass die Regierung weiterhin auf „Wachstum“ und fossile Energien setze. Ein groß angelegter Polizeieinsatz verhinderte allerdings die von XR für den frühen Morgen geplante Aktion des zivilen Ungehorsams.
Kontrolle Die Polizei teilte mit, dass sie bei den Blockaden am Montag Unter den Linden und am Potsdamer Platz die Identitäten von 82 Personen festgestellt und 90 Ermittlungsverfahren eingeleitet habe. Bei einer Straßenblockade am Samstag waren 235 Personen aufgenommen worden. Montag und auch Dienstag stellte die Polizei Material sicher, das bei unangekündigten Aktionen zum Einsatz kommen sollte. (epe)
Nur weil die Politik nicht früher gehandelt und erneuerbare Energien massiv ausgebaut habe, könne Putin nun „Gas als politischen Spielball missbrauchen“. Wenn jetzt fossiles Gas benötigt würde, um Wohnungen warm zu halten, dürfe das nur für eine kurzmöglichste Übergangszeit so sein.
Berliner Ortsgruppe will Umverteilung
Die Berliner Ortsgruppe von FFF hat auch Forderungen an die Berliner Landesregierung. Aufgestellt hat sie diese schon zur letzten Wahl im September 2021, Gültigkeit besitzen sie aber noch immer. So fordern die Aktivist:innen unter anderem die autofreie Stadt innerhalb des S-Bahn-Rings bis 2025 und 100 Prozent erneuerbare Strom- und Wärmeversorgung bis 2030. Auch soll sich ein Fünftel des Schulunterrichts um Fragen der Klimagerechtigkeit drehen.
Mit dem Fokus des aktuellen Klimastreiks auf die soziale Frage will die Bewegung wohl auch ihr eigenes Mobilisierungspotenzial neu anfachen. Zwar kamen zu den vergangenen Streiks stets viele Menschen: Im März beteiligten sich allein in Berlin mindestens 10.000, im September 2021, zwei Tage vor der Bundestagswahl, sprach die Bewegung von 100.000 Streikenden.
An das große Hoch im September 2019, als deutschlandweit 1,4 Millionen Menschen auf die Straße gingen, konnte selbst dieser Erfolg aber nicht anschließen. Corona und der Krieg in der Ukraine haben die Klimakrise aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt, dagegen muss sich die Bewegung wehren – etwa indem sie sich in die Sozialproteste involviert, die sich derzeit formieren.
So hat sich die Berliner Ortsgruppe dem Demobündnis „Umverteilen!“ angeschlossen, das sich noch in Gründung befindet und zu dem ansonsten linke Gruppen wie Kotti für Alle oder Deutsche Wohnen & Co enteignen gehören. In einem noch unveröffentlichten Aufruf für eine erste Demo am 12. November fordern sie unter anderem einen Preisdeckel für Energie und Mieten, die Vergesellschaftung von Immobilien- und Energiekonzernen, ein Moratorium für Zwangsräumungen, Strom- und Gassperren und eine „gemeinwohlorientierte Wirtschaft statt Gewinne für Konzerne und Superreiche“.
„System Change not climate change“
Für die Bewegung sind diese Forderungen durchaus beachtlich: Denn führende Persönlichkeiten wie Luisa Neubauer haben es stets elegant vermieden, den Slogan „System change not climate change“ mit Kapitalismuskritik zu füllen.
Pressesprecherin Sotoodeh gibt sich dann auch kämpferisch. „Die Krisen, mit denen wir konfrontiert sind, gibt es natürlich wegen dem Kapitalismus“, sagt sie. Mittelfristig würden ein paar Pflaster nicht ausreichen, „das ganze System“ müsse geändert werden. Diese Überzeugungen habe es in der Gruppe immer gegeben. „Mit der sozialen Krise hat sich etwas geändert: wir trauen uns nun vermehrt, Forderungen nach Umverteilung auszusprechen“, sagt sie.
Dass zumindest die Berliner Ortsgruppe kapitalismuskritischer wird, spiegelt den durch die Untätigkeit der Politik befeuerten Radikalisierungsprozess der Klimabewegung als Ganzes. Beim Bannermalen erzählen die Aktivist:innen, einige aus der Ortsgruppe seien nun bei der Letzten Generation oder bei Ende Gelände aktiv. Damit der Klimastreik eine niedrigschwellige Einstiegsmöglichkeit für neue Aktivist:innen bleibt, werde es aber zumindest von FFF auch am Freitag keine Aktionen des zivilen Ungehorsam geben.
Globaler Klimastreik in Berlin: Am 23.09. um 12:00 Uhr im Invalidenpark
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