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Fehlpfiffe deutscher SchiedsrichterViel zu subjektive Beweise

Das deutsche Schiedsrichterwesen lässt sich nicht so einfach verbessern, wie der einstige Referee Manuel Gräfe es fordert. Schuld ist der Videobeweis.

DFB stellt klar: Daniel Siebert hätte einen Elfmeter für Dortmund gegen Hoffenheim pfeifen müssen Foto: dpa

E s klingt verlockend, was der ehemalige Schiedsrichter Manuel Gräfe am Wochenende gegenüber dem ZDF vorgeschlagen hat. Einer von außen muss herkommen, der „unabhängig von Politik, persönlichen regionalen Einflüssen“ die Leistungen der Schiedsrichter wieder „auf Vordermann“ bringt.

Dass das vom DFB organisierte Schiedsrichterwesen ein dickes Problem hat, musste der Verband selbst Mitte vergangener Woche reumütig bekennen. Gleich vier Fehlentscheidungen bei Handspielsituationen aus den zwei Wochen zuvor wurden aufgelistet, die man mit den Schiedsrichtern besprechen wolle. Eine Szene aber, die von Peter Sippel, sportlicher Leiter der Erstligaschiedsrichter, als falsch erkannt wurde, hatte DFB-Lehrwart Lutz Wagner zuvor noch als richtig verteidigt. Eine Steilvorlage für Kritiker Gräfe, dessen Groll gegenüber dem DFB schon deshalb groß ist, weil der ihn wegen der Überschreitung der Altersgrenze nicht weiter pfeifen ließ.

Die Vorstellung von Gräfe, einer wie der Schweizer Urs Meier könne der deutschen Schiedsrichterei wieder zu mehr objektiven Entscheidungen verhelfen, ist falsch, folgt sie doch denselben Prinzipien, unter denen das DFB-System leidet. Unter der Führung eines Mannes soll ­alles objektiver werden.

Das Schiedsrichterwesen im deutschen Fußball ist des Öfteren schon mit einem Geheimorden verglichen worden. Ausgerechnet die von Berufs wegen leidenschaftlichsten Verfechter objektiver Regeln sind in einem undurchsichtigen System organisiert, in dem die Machthaber nach ihren Vorlieben über Auf- und Abstieg entscheiden können und sich eine hörige Jüngerschaft heranziehen.

Möglich ist das, weil es stets einen Interpretationsspielraum gibt, was richtig und falsch ist. Der Anspruch der Objektivierbarkeit des Fußballs, der mit der Einführung des Videobeweises ein neues Level erreicht hat, ist seit jeher zum Scheitern verurteilt. Selbst bei scheinbar eindeutigen Handspielen, die von einer Mehrheit an Fachleuten als ein solches erkannt werden, gibt es häufig eine Gegenmeinung. Alex Feuerherdt etwa, ein profunder Schiedsrichterexperte, verteidigte den nicht gegebenen Elfmeter bei der Partie zwischen Hertha und Leverkusen und löschte daraufhin seinen Twitteraccount, weil er aggressiv angegangen wurde.

Der Begriff „Videobeweis“ ist irreführend. Bewiesen wird häufig nichts. Der Videobeweis hat ein neues Diskussionsfeld ­eröffnet, das niemand verkleinern kann.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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