Selbst FDP-Wähler wollen Übergewinne besteuern

Eine aktuelle Umfrage zeigt: Die Deutschen sind auch mehrheitlich für einen Energiepreisdeckel

Von Stefan Reinecke

Die Deutschen haben Sympathien für einen Energiepreisdeckel und eine Übergewinnsteuer für Konzerne. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer von der Rosa-Luxemburg-Stiftung beauftragten Studie, die das Meinungsforschungsinstitut Kantar durchführte und die der taz vorliegt.

56 Prozent der 1.048 Befragten sprechen sich demnach für die Einführung eines Energiepreisdeckels aus – 39 Prozent sind dagegen. Der Energiepreisdeckel ist bei den WählerInnen fast aller Parteien beliebt – mit Ausnahme der AfD. Auch FDP-AnhängerInnen befürworten zu mehr als 60 Prozent ein solches Modell. Bei den Linkspartei-AnhängerInnen sind 85 Prozent dafür, bei den Grünen-AnhängerInnen 75 Prozent, bei den SPD-AnhängerInnen 59 und bei der Union 53.

Bemerkenswert ist, dass der Energiepreisdeckel bei Leuten mit höherem Einkommen mehr Zuspruch findet als bei Befragten mit geringeren Einkommen. Der Wohnort hingegen – Großstadt oder Provinz – macht keinen bedeutsamen Unterschied bei der Haltung zum Energiepreisdeckel.

Die Ampel-Regierung hat am Sonntag angekündigt, dass es für Stromkunden ein verbilligtes Basisangebot geben soll, das aus Extraprofiten von Stromkonzernen finanziert werden soll. Für Gaskunden gibt es allerdings kein entsprechendes Angebot. Die Gaspreise sind der entscheidende Treiber der Energiekosten. Die Ampel hat zudem eine Gasumlage beschlossen, die Gaskunden zahlen und mit der die Gaszwischenhändler vor dem Bankrott bewahrt werden sollen. Als Ausgleich hat die Ampel die Mehrwertsteuer für Gas von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Die Explosion der Gaspreise wird dies nicht stoppen.

Ein ähnliches Bild der politischen Sympathien zeigt die Kantar-Umfrage zur Übergewinnsteuer. Diese Steuer soll Unternehmen, die in der gegenwärtigen Krise Extraprofite machen, stärker zur Kasse bitten. 72 Prozent der Befragten sind für diese so genannte Übergewinnsteuer. Die Mehrheiten sind zwar nach parteipolitischer Präferenz unterschiedlich – AnhängerInnen der Linkspartei sind fast geschlossen (96 Prozent) dafür, bei der FDP sind es nur 53 Prozent.

Aber auch bei den Liberalen, deren Parteiführung sich vehement gegen eine Übergewinnsteuer sperrt, hat eben die Mehrheit der WählerInnen Sympathien für diese Sondersteuer. Die Übergewinnsteuer existiert bereits in mehreren europäischen Ländern – etwa Spanien, Griechenland, Italien und Großbritannien. AnhängerInnen der Grünen sprechen sich zu 83 Prozent für die Übergewinnsteuer aus, bei der SPD sind es 76, bei der Union 66 und bei der AfD 58.

Anders als beim Energiepreisdeckel ist die Übergewinnsteuer bei Ärmeren mit einem Haushaltseinkommen von unter 1.500 Euro mit 86 Prozent populärer als bei Reicheren. Bei Befragten, die mehr als 3.500 Euro verdienen, sind nur 69 Prozent für die Übergerwinnsteuer.

Die Ampel-Regierung lehnt, obwohl SPD und Grüne dafür sind, eine Übergewinnsteuer ab. Für den Strompreis will die Regierung mit einem anderen Modell Extraprofite abschöpfen: Der Basisstrompreis soll direkt aus Ex­tragewinnen von Stromproduzenten an die Kunden fließen – ohne dass der Staat Steuern erhebt. Wann das passieren soll, ist noch offen. Auch die Umsetzung ist noch ungeklärt. Finanzminister Lindner betonte am Sonntag mehrfach, dass die Regierung keine Übergewinnsteuer einführen wird.