Repression in Hongkong: 19 Monate Haft für Kindercomics
Fünf Logopäd*innen werden für pekingkritische Kinderbücher verurteilt. Ein Richter sieht in den Comics „Gehirnwäsche“ von Kindern.
Kwok warf den Autor*innen vor, bei Kindern „Hass gegen Festlandchina“ zu erzeugen. Er sprach in der 67-seitigen Begründung seines Urteils, das nach einem bisher kaum angewandten Kolonialgesetz von 1938 zum Straftatbestand der Aufwiegelung erfolgte, von „Gehirnwäsche“.
In den Comics treten zwölf Schafe in einen Streik, werden von Wölfen mit Tränengas angegriffen oder versuchen per Boot zu fliehen – eine Anspielung auf zwölf Hongkonger Demokratieaktivist*innen, die bei ihrer Flucht nach Taiwan verhaftet wurden.
In einer anderen Szene, die aus dem Frühjahr 2020 stammt, wollten die Schafe die Wölfe aus dem Dorf werfen. Damals hatten viele Hongkonger*innen wegen der Coronapandemie auf Grenzschließung zum Festland gedrängt.
Verurteilte plädierten auf „nicht schuldig“
Die Logopäd*innen im Alter von 26 bis 29 Jahren sind Führungsmitglieder der 2019 gegründeten Peking-kritischen Sprachtherapeutengewerkschaft. Sie hatten die Comics gemeinsam für ihre Organisation publiziert.
Als sie im Juli 2021 verhaftet wurden, waren sie mit Kapuzen über dem Kopf wie Terroristen abgeführt worden. Bereits am Donnerstag hatte Kwok sie schuldig gesprochen, erst am Samstag hatte er dann das Strafmaß verkündet.
Er geht davon aus, dass sie bald freikommen, da sie schon den Großteil der Strafe abgesessen haben und wegen guter Führung vorzeitig entlassen werden.
Die Fünf hatten sich in ihren Plädoyers für nicht schuldig erklärt und ausgesagt, dass sie mitnichten Hass auf China erzeugen wollten. Eine der Verurteilten erklärte vor Gericht, sie bereue nur, „nicht noch mehr Bilderbücher veröffentlicht zu haben, bevor ich festgenommen wurde.“ Sie hoffe immer auf der Seite der Schafe zu stehen.
Logopäden-Gewerkschaft inzwischen aufgelöst
Ihre kleine Gewerkschaft ist wie viele andere Peking-kritische Organisationen der Stadt inzwischen aufgelöst.
Als Nächstes könnte dieses Schicksal der Journalistenverband HKJA teilen. Am Donnerstag war dessen Vorsitzender Ronson Chan wegen angeblicher „Störung der öffentlichen Ordnung“ und „Widerstand gegen Polizeibeamte“ am Rande einer Versammlung von Eigentümer*innen von Sozialwohnungen festgenommen worden. Er wollte ohnehin bald Hongkong verlassen.
Mit der Einführung eines sogenannten Nationalen Sicherheitsgesetzes zum 1. Juli 2020 gab sich die autoritäre Regierung in Peking die Macht, im eigentlich autonom regierten Hongkong brachial durchzugreifen. Die dortigen Massenproteste demokratischer Peking-kritischer Gruppen wurden abgewürgt und ihre Führer*innen verhaftet. Zugleich wurde damit auch die für fünfzig Jahre zugesagte Autonomie („ein Land, zwei Systeme“) de facto beendet.
Stark eingeschränkt wurde seitdem auch die Medienfreiheit, für die Hongkong einst gerühmt wurde. In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist die Stadt zuletzt von Rang 68 auf 148 abgestürzt.
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