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Krieg in der UkraineAKW Saporischschja wieder am Netz

Ein Reaktor des von russischen Truppen besetzten Atommeilers wird hochgefahren. Kyjiw drängt auf Besuch der Internationalen Atomenergiebehörde.

Wache stehen in Saporischschja: Ein russischer Soldat vor dem umkämpften AKW am 4. August 2022 Foto: Alexander Ermochenko/reuters

Berlin taz | Ein Reaktor des von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja ist seit Freitagnachmittag wieder am Netz. Das teilte der Betreiber laut des ukrainischen Webportals Zerkalo nedeli mit. Bereits zuvor war gemeldet worden, dass Europas größter Atommeiler mit Strom versorgt werde. Eine Leitung aus einem nahe gelegenen Wärmekraftwerk sei demnach wieder instand gesetzt worden.

Demgegenüber zitiert die russische Nachrichtenagentur Tass einen von Russland im besetzten Teil der Region Saporischschja eingesetzten Verwaltungsbeamten mit den Worten, ukrainische Streitkräfte hätten das letzte noch verbliebene Leitungskabel, das das AKW Saporischschja mit dem ukrainischen Netz verbindet, zerstört. Die Anlage liefere somit gegenwärtig keine Elektrizität in die Ukraine.

Das AKW war in den vergangenen Wochen immer wieder unter Beschuss geraten – die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Erstmals seit der Inbetriebnahme im Jahr 1985 waren alle sechs Reaktoren abgeschaltet. Am Donnerstag war das AKW auch noch vom Stromnetz getrennt worden.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hatte in seiner allabendlichen Videoansprache noch einmal die Notwendigkeit betont, das Atomkraftwerk wieder unter ukrainische Kontrolle zu stellen und einem Expertenteam der ­Internationalen Atomenergiebehörde IAEO Zugang zu verschaffen. Das müsse innerhalb weniger Tage geschehen, bevor die Invasoren die Situation an einen Punkt brächten, von dem aus es kein Zurück mehr gäbe, zitiert das ukrainische Nachrichtenportal Ukrainska Pravda Selenski.

Die Abschaltung des Atomkraftwerks hätte zu einem Atomunfall führen können, wenn die Automatisierung und das Personal der Anlage nicht funktioniert hätten. Russland trage die Schuld daran, dass die Ukraine und überhaupt ganz Europa nur einen Schritt von einer Nuklear­katastrophe entfernt gestanden hätten.

IAEO-Besuch für kommende Woche geplant

Die Abschaltung des AKWs hätte zu einem Strahlenunfall führen können, so der ukrainische Präsident Selenski

Laut der Beraterin des ukrainischen Energieministers, Lana Serkal, sei der Besuch einer Abordnung der IAEO für kommende Woche geplant. Obwohl Moskau zugestimmt hätte, versuchten die Russen alles, um die Mission zu behindern. Der Hauptzweck des Besuchs der IAEO-Mission bestehe darin, die Situation im AKW in Augenschein zu nehmen und notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um Europa und die ganze Welt vor einer möglichen Katastrophe zu schützen, so Serkal.

Ein entsprechender Besuch der IAEO war bereits vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geplant worden. Es wäre die erste Überprüfung seit 16 Jahren.

Unterdessen wurden neue Erkenntnisse über den Einsatz von Streubomben durch Russland im Ukrainekrieg publik. Demnach sollen russische Truppen Hunderte Male die international geächtete Munition eingesetzt haben. Das geht aus einem Bericht der internationalen Organisation Cluster Coalition (CMC) vom Donnerstagabend hervor. Bei den Angriffen seien mindestens 215 Menschen getötet und 474 verletzt worden. Dabei handele es sich ausschließlich um zivile Opfer.

Rätsel um Schicksal von Darja Dugina

Auch knapp eine Woche nach ihrem Tod ist das Schicksal von Darja Dugina in den sozialen Netzwerken weiterhin eines der bestimmenden Themen. Die 29-jährige Tochter des rechten Ideologen und Publizisten Alexander Dugin soll am vergangenen Wochenende in der Nacht zu Sonntag bei der Explosion eines Sprengsatzes getötet worden sein, der unter dem Fahrersitz ihres Autos befestigt gewesen war. Angeblich soll ihr Körper dabei bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sein.

Bei der Beerdigung am vergangenen Dienstag in Moskau ist davon nichts zu sehen – im Gegenteil. Auf Bildern des offenen Sarges sieht Darja Dugina aus, als würde sie lediglich schlafen. Einige Be­ob­ach­te­r*in­nen vermuten jetzt, dass der ganze Vorfall inszeniert und Dugina in Wahrheit am Leben sei. Nur wenige Tage nach dem „Vorfall“ hatte Russland den ukrainischen Geheimdienst verantwortlich ­gemacht.

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