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Hanfparade in BerlinAlles geht viel zu langsam

Bei der Hanfparade entlädt sich Unmut über die rot-grün-gelbe Bundesregierung, die die Entkriminalisierung von Cannabis nicht vorantreibt.

Selfie vor Hanfblatt Foto: Piotr Pietrus

Berlin taz | Die Band Raggabund ist noch bei der Arbeit und formuliert Textzeilen wie “die Joints sind am Brennen und wir schlagen Alarm“ oder die Forderung “Ganjapflicht für die Polizei“. Und dann betritt auch schon er die Bühne, Burkhard Blienert von der SPD, der Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Die Hanfparade gibt es seit 25 Jahren und nie zuvor hat sich jemand in seiner Position getraut, dort aufzutreten. Warum auch?

Um den Freunden des gepflegten Joints zu sagen: Saufen ist immer noch besser, Cannabis ist kein Brokkoli und die Legalisierung wird nie kommen? Auf diesem Niveau bewegte sich schließlich die Drogenpolitik der Regierungsverantwortlichen in den letzten Jahrzehnten.

Jetzt aber ist ja alles anders. Die Prohibition von Cannabis soll beendet werden. Darauf hat sich die Koalition aus SPD, FDP und den Grünen geeinigt. Die Drogenpolitik soll ein ganzes Stück weit vernünftiger und pragmatischer werden. Auch Dank der unermüdlichen Aktivisten und Aktivistinnen, die Jahr für Jahr bei der Hanfparade auftraten und Aufklärungsarbeit leisteten in einem Land, in dem eine Partei wie die CDU immer noch so tut, als würde jeder, der sich gerne einen Feierabendjoint gönnt, sozusagen zwangsläufig als nächstes viel härtere Drogen konsumieren.

Hanfparade und Drogenbeauftragter sitzen nun also im gleichen Boot, könnte man meinen. Er, der schlaksige SPD-Mann und die Kiffer, die sich hier zur Auftaktkundgebung der Hanfparade am Neptunbrunnen ganz in der Nähe des Roten Rathauses versammelt haben. Nicht wenige sind während Blienerts Auftritt gerade dabei, sich einen ordentlichen Spliff zu bauen, die Polizei hält sich schließlich angenehm zurück. Das war vor ein paar Monaten bei einer Kifferdemo vor dem Brandenburger Tor ganz anders, als überall nachgeschnüffelt wurde, ob da nicht was Illegales in der Selbstgedrehten gelandet ist.

Wie ein Popstar indes wird der Politiker nicht gerade empfangen. Denn inzwischen gibt es einiges an Unmut innerhalb der Kifferszene darüber, wie seitens der Regierung an der Beendigung der Prohibition gearbeitet wird. Als es losging mit der Ampel, war die Euphorie noch groß. Manche dachten vielleicht sogar, es werde nur ein paar Wochen dauern, bis sie schönes Gras an zertifizierten Abgabestellen erwerben können. Während der Deutsche Hanfverband realistischer war und klar machte: Geduld, liebe Cannabis-Konsumenten, es gibt noch viele Fragen zu klären, das kann und soll auch noch ein wenig dauern.

Auch der Hanfverband beschwert sich

Inzwischen beschwert sich aber auch der Hanfverband, dass alles zu langsam voran gehe. Dass man von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) weiterhin sehr viel über die neuesten Corona-Studien höre, aber so gut wie nichts zum Ziel, die Prohibition beenden zu wollen. Und auch der Berliner Richter Andreas Müller, legendärer Entkriminialisierungsaktivist und Dauergast auf den Hanfparaden, hat gerade eben erst in einem “taz“-Interview geäußert, dass jetzt endlich mal etwas voran gehen müsse.

Somit wird Blienert bei seiner Rede sicht- und hörbar nicht als einer begrüßt, bei dem man sich vorstellen kann, ihm schon bald ein Denkmal zu bauen als Totengräber einer gescheiterten Drogenpolitik, sondern eher als Blah-Blah-Politiker, dem man kein Wort glauben kann. “Wir sind schon am Arbeiten“, sagt dieser, und “wir sind schon auf einem richtig guten Weg.“ Daraufhin murrt die Menge und einer hält sein Schild noch höher: “SPD, FDP, Grüne – haltet eure Versprechen“, steht darauf.

Es heißt, dies könnte die letzte Hanfparade überhaupt sein. Weil 2023, da sind sich die weiteren Redner trotz allem einig, wird ihr Ziel erreicht sein. Mal sehen. Man könnte es eigentlich auch als positives Zeichen werten, dass sich nach Polizeiangaben nur 1.500 Demonstrierende eingefunden haben, obwohl die Veranstalter mit weit mehr gerechnet haben. Viele scheinen eben doch zu glauben, die Sache ist schon gelaufen, Cannabiskonsum wird bald legal sein, da kann man auch daheim bleiben und einen rauchen.

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7 Kommentare

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  • ich habe den blöden Verdacht das soll ausgesessen werden.



    Es wird langsam Zeit!

    • @Maik Voss:

      Lauterbach ist Arzt.

      Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es umsetzt.

      Ich denke auch, er wird es aussitzen wollen.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ich empfehle: T.C. Boyle: Grün ist die Hoffnung!

  • Statt sich entspannt zurückzulehnen und einen zu rauchen, sollten wir nachlegen. Ich will "mein" Hasch nicht dröge in der Apotheke kaufen, zwischen Paracetamol und Hämorrhoidensalbe, und mich über die "Gefahren" zwangsaufklären lassen. Statt dessen will ich eine inspirierende Coffeeshop Kultur! Vor allem aber soll "mein" Cannabis aus den traditionellen Anbauländern (Marokko, Nepal usw.) legal importiert werden, damit die dortigen Bauern eine Existenzgrundlage erhalten. Auf eine ernegieintensive Hochleistungszucht aus Deutschland kann ich verzichten. Es kommt also nicht nur darauf an, dass endlich legalisiert wird, sondern auch wie.

    • @Running Man:

      Und die Frage nach dem Wie ist es, was alles verlangsamt.

    • @Running Man:

      Tja, wahrscheinlich erst dann, wenn die Pharmalobby sich den größten Teil "des Kuchens" gesichert hat und den gröstmöglichen "Reibbach" mit Cannabis (am besten auch noch subventioniert;O) endlich in den Büchern sicher hat......

    • @Running Man:

      und ich will meins selbst anbauen dürfen, vernünftig gemacht ist das nicht energieintensiv