Covid-19 bei EM in England: Welten der Sorglosigkeit und Sorge
In England sieht man Masken nur selten, auch nicht in Medienarbeitsräumen zur EM. Die Sorgen der Teams vor Corona-Ausbrüchen sind dafür umso größer.
F ür Felicitas Rauch möchte ich mir eine neue, schöne, frische, klinisch weiße FFP2-Maske zulegen. Wir sind im Hotelgarten des deutschen EM-Quartiers verabredet. Ich habe zwar noch eine zertifizierte FFP2-Maske aus Stoff, aber die handelsüblichen weißen, die mehrheitlich getragen werden, schaffen gewiss eine bessere Vertrauensebene, denke ich mir. Die größte Angst in diesem Turnier lösen nämlich nicht Beth Mead, Kadidiatou Diani oder Stina Blackstenius aus, sondern immer noch das nur schwierig zu verteidigende Coronavirus, das theoretisch ein ganzes Team außer Gefecht setzen kann.
Einen großen Ausbruch konnten die Teams bislang verhindern. Die Schwedinnen hatten zuletzt drei Coronafälle, bei den Deutschen hat es bislang lediglich Stürmerin Lea Schüller getroffen. Aber die Vorsichtsmaßnahmen dürfen sich vermutlich mit hochsensiblen Krankenhausstationen messen lassen. Außerhalb dieser nun noch verbliebenen vier EM-Blasen vor dem Halbfinale ist die Lage in England jedoch eine ganz andere.
Drei Metrostationen und 23 Bushaltestellen werden mir für den Weg nach Brentford in den Westen von London angezeigt. Für den Kauf einer FFP2-Maske sollten sich da eigentlich genügend Möglichkeiten auftun. Beim Umstieg nimmt mir jedoch der Verkäufer einer großen Supermarktkette, die auch Drogerieartikel führt, schnell meinen Optimismus. Er kann mir nicht nur keine Maske bieten, er hat auch keine Idee, wo man so etwas außerhalb des Internets in London bekommen könnte. Das gäbe es nicht mehr, vermutet er. Eine Mithörende schickt mich in die nächste Apotheke. Dort verkauft man aber lediglich medizinische Masken.
Erstaunliche Kluft zwischen Theorie und Praxis
In England sieht man Masken sowieso hauptsächlich nur auf Warnhinweisen im öffentlichen Verkehr, die zum Tragen eines solchen Schutzes auffordern. Es gibt eine erstaunliche Kluft zwischen dem, was von offizieller Seite theoretisch als sinnvoll ausgewiesen wird, und der Umsetzung in der Praxis. In der Londoner Tube stechen Maskenträger aus der Masse heraus.
Bei der Europameisterschaft treffen die Welten der Sorglosigkeit und Sorge direkt aufeinander. In den Medienarbeitsräumen schaut man in Gesichter, in den benachbarten Pressekonferenzräumen in Masken.
In Brentford führt mich eine Mitarbeiterin aus dem deutschen Pressestab zu einer Sitzgelegenheit im Hotelgarten. Wenig später kommt Felicitas Rauch. Ein paar Meter vor mir zeigt sie ihr Gesicht und zieht daraufhin ihre FFP2-Maske wieder drüber. Sie trägt Weiß, ich Blau. Wie bei Deutschland gegen Frankreich üblicherweise. Ich habe aber glücklicherweise nicht den Eindruck, dass sie mich als gefährlichen Gegner für den Einzug ins Finale wahrnimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Jaywalking in New York nun legal
Grün heißt gehen, rot auch
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn
Schließung der iranischen Konsulate
Die Bundesregierung fängt endlich an zu verstehen
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen