Mockumentery-Serie „Abbott Elementary“: Lehrerzimmer mit Witz

In der Sitcom-Serie „Abbott Elementary School“ auf Disney+ steht ein Lehrer­kollegium im Mittelpunkt. Das ist herrlich schräg und albern.

Portrait im Schulflur

Quinta Brunson, Schöpferin und Hauptdarstellerin der „Abbott Elementary“

Die Abbott Elementary School ist eine, wie es sie in den USA vermutlich so ähnlich in jeder größeren Stadt mehrfach gibt. Eine staatliche Grundschule, die überwiegend von Schwarzen Kids besucht wird, heruntergewirtschaftet durch jahrzehntelange Sparmaßnahmen und Personalkürzungen. Der Lehrkörper umfasst begeisterungsfähige und naive Berufsanfänger genauso wie erfahrene, aber desillusionierte alte Hasen. Genau der richtige Ort also für ein Kamerateam, um Material für ein Dokumentarprojekt über den Lehreralltag einzufangen.

„Abbott Elementary“ ist eine Sitcom über dieses Dokumentarprojekt, oder besser gesagt: über ebenjene fiktive Schule in Philadelphia. Dass die Serie als Mockumentary daherkommt und die Prot­ago­nis­t*in­nen entsprechend immer mal wieder das Geschehen direkt in die Kamera kommentieren, spielt ziemlich schnell eigentlich keine allzu große Rolle mehr. Viel passender als Einordnung ist das Genre der „workplace comedy“ à la „Parks and Recreation“. Es geht vor allem um die Arbeitswelt des Lehrerkollegiums in all ihren Facetten. Von schlechtem Essen in der Schulkantine über mangelndes Geld für Bücher bis hin zu nicht funktionierenden Toiletten.

Im Zentrum steht dabei Janine Teagues (Quinta Brunson, auch Schöpferin und Showrunnerin der Serie), die genau wie ihr Kollege Jacob Hill (Chris Perfetti) als eine von wenigen Neulingen das erste Jahr im Job überstanden hat. Skeptisch beäugt werden sie von der abgebrühten Melissa Schemmenti (Lisa Ann Walter), die Janines Parallelklasse leitet, und vor allem der ebenso strengen wie religiösen Barbara Howard (Sheryl Lee Ralph), die für die Vorschulkinder verantwortlich ist. Und dann sind da noch der neue Vertretungslehrer Gregory Eddie (Tyler James Williams) sowie die taktlose, faule und nicht ihrer Fähigkeiten wegen eingestellte Schulleiterin Ava Coleman (Janelle James).

Der „Club der toten Dichter“ dient als Gag-Vorlage

Allen Gefahren, die Geschichten über Leh­re­r*in­nen innewohnen, weiß „Abbott Elementary“ erfolgreich aus dem Weg zu gehen. Weder liegt zu viel Fokus auf den Kindern (auch wenn die ein paar wunderbare Momente haben), noch werden der Berufsstand oder einzelne Figuren verklärt, wie das im „Club der toten Dichter“ der Fall war. Der Film muss wie so vieles als augenzwinkerndes Gag-Material herhalten.

Die Serie, deren erste Staffel nach 13 Episoden viel zu früh vorbei ist, ist ohnehin eine echte Ausnahmeerscheinung im Gros des seriellen Inhalte dieser Tage. Haben die meisten Produktionen, die aktuell für echten Gesprächsstoff sorgen und von Publikum wie Kritik gleichermaßen gefeiert werden, ihr Zuhause entweder bei einem Streamingdienst oder zumindest im Pay-TV, ist „Abbott Elementary“ tatsächlich in den USA ganz klassisch im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen. Jeden Dienstagabend, Werbeunterbrechungen inklusive.

Bei den Emmy Awards, dem wichtigsten TV-Preis der Welt, darf sich die Serie als erste sogenannte Network-Comedy seit dem Ende von „Modern Family“ ernsthafte Chancen ausrechnen.

Schöpferin und Hauptdarstellerin Brunson, die ihre Karriere mit Comedy-Videos im Internet begann und für die US-amerikanische „Black Lady Sketch Show“ mitverantwortlich zeichnete, ist dabei übrigens die erste Schwarze Frau, die gleich drei Nominierungen im Comedy-Bereich für sich verbuchen kann: als Hauptdarstellerin, Autorin und Produzentin. Höchst verdient, wohlgemerkt, denn bei ihrer ersten eigenen Serie beweist sie als Erfinderin der Show nicht nur ein gutes Händchen für Humor und Timing, sondern vor allem für die richtige Balance.

„Abbott Elementary“ ist mal bissig und trocken, mal albern und ausgelassen, mitunter herrlich schräg (nicht zuletzt dank Schulleiterin Coleman), öfter mal beiläufig und durchaus auch herzerwärmend und rührend, aber dabei weder zynisch noch kitschig. Dass die Arbeit an der zweiten Staffel, die dann ganz klassisch mit stattlichen 22 Folgen daherkommen wird, bereits begonnen hat, ist entsprechend eine gute Nachricht.

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