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Schröder muss Bundestagsbüro aufgebenAltkanzler wird abgewickelt

Wegen seiner Putin-Nähe soll Gerhard Schröder sein Bundestagsbüro verlieren. Auch generell will die Ampel Kanzler:innen-Privilegien überprüfen.

Nimmt „keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt mehr“ wahr: Altkanzler Gerhard Schröder Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Nun also doch: Das Büro von Altkanzler Gerhard Schröder soll offiziell abgewickelt werden. Das will der Haushaltsausschuss des Bundestages in seiner Bereinigungssitzung am Donnerstag beschließen. Das Bemerkenswerte an dem Entwurf, der der taz vorliegt: Begriffe wie „Putin“, „Russland“ oder „Gazprom“ tauchen darin nicht auf. Schröder steht in der Kritik wegen seiner Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin und weil er seine Posten in russischen Energiekonzernen auch nach dem russischen Überfall auf die Ukraine nicht aufgegeben hat.

Doch davon steht nun nichts im Entwurf. Stattdessen wird die Abwicklung damit begründet, dass „Bundeskanzler a.D. Schröder keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt mehr wahrnimmt.“ Das im Büro verbliebene Personal solle das Büro abwickeln. Die Stellen würden nach dem 19. Mai nicht mehr nachbesetzt, die Inhaber würden anderweitige Aufgaben außerhalb des Büros wahrnehmen.

Eine Anfrage der Linkspartei hatte offengelegt, dass die Personalausgaben für das Büro sich im vergangenen Jahr auf 407.000 Euro beliefen.

Dass der Vorstoß aber natürlich damit zusammenhängt, dass Schröder nach wie vor auf der Gehaltsliste des russischen Staates steht, etwa als Aufsichtsratsvorsitzender des Energiekonzerns Rosneft, bestätigte der taz der Grüne Haushaltspolitiker Sven Kindler, der am Entwurf beteiligt war. Er sagte: „Gerhard Schröder ist nur noch als Lobbyist für russische Staatsunternehmen tätig, nicht mehr im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland. Somit entfällt der Grund für die personelle und räumliche Ausstattung des ehemaligen Bundeskanzlers.“

Union fordert auch Bezüge zu streichen

Wegen seiner Nähe zum Regime Putin hatten mehrere Politiker:innen, darunter auch SPD-Außenpolitiker Michael Roth, Sanktionen gegen Schröder gefordert. Die Union wollte am Donnerstag einen eigenen Antrag in die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses einbringen. Darin fordert sie, auch Versorgungsleistungen und die Reisekosten des Altkanzlers zu streichen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion Katja Mast erklärte, diese Möglichkeit habe man geprüft, aber verworfen, weil eine Streichung verfassungsrechtlich bedenklich sei. Es handle sich beim Gehalt um Eigentumsansprüche.

Dem Entwurf der Ampel zufolge soll Schröder also sowohl sein Ruhegehalt behalten, welches 35 Prozent des Gehalts des derzeitigen Amtsinhabers entspricht, als auch seine staatlich bezahlten Personenschützer.

Anders als die Kanz­le­r:in­nen­ren­te ist die Büroausstattung ehemaliger Amts­in­ha­be­r:in­nen bislang nicht gesetzlich geregelt, sondern folgt der Tradition. Die Ampel strebt nun eine Regelung an, die laut Beschlussentwurf sicherstellt, „dass die Amtsausstattung ehemaliger Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler nach den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt erfolgt und nicht mehr statusbezogen.“ Der Haushaltsausschuss hat die Bundesregierung aufgefordert, dies künftig sicherzustellen.

Das würde bedeuten, dass auch bei Angela Merkel künftig regelmäßig geprüft wird, ob ihre Verpflichtungen als Ex-Kanzlerin tatsächlich so umfangreich sind, dass sie dafür ein Büro mit sieben Mit­ar­bei­te­r:in­nen braucht. Die Bundesregierung soll dem Haushaltsausschuss bis 1. November berichten, ob weitere Regelungen notwendig sind.

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8 Kommentare

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  • Mein Vorschlag: Gerhard Schröder wird zu einem Gefangenenaustausch angeboten.

  • wie nennt man es ...

    einen hund vom hof prügeln.

    so mancher bleibt im glashaus sitzen, obwohl heraus mit steinen geschmissen wird.

  • Ganz kleines Karo, erinnert auch eher an Säuberungen nach einem Regime-Wechsel als an demokratische Gepflogenheiten.

    Abgesehen davon unterstreicht es aber vor allem die Entschlossenheit der Ampel, Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland keine Chance zu geben - mit Schröder (und vorsorglich wohl auch Merkel) werden so dem wahrscheinlich einzigen deutschen Politiker von Rang, der zu Putin durchdringen könnte, die Handlungsmöglichkeiten genommen.

    Klar, einen Krieg zu beenden ist etwas anderes, trotzdem lohnt es, Deniz Yücels Anmerkungen zur Rolle Schröders bei seiner Freilassung aus türkischer Haft zu lesen: mobile.twitter.com...502208179639365640

  • Sind das die Probleme, die wir gerade haben? Ich gönne zwar das Ergebnis Herrn Schröder von ganzem Herzen (wenn es juristisch am Ende auch hält). Aber würde es nicht sinnvoller Arbeit für einen Haushaltsausschuss geben? Zum Beispiel: Führt der Benzinrabatt zu Mitnahmeeffekten bei der Ölindustrie? Würde es eine kostenärmere, aber sozialere Lösung als diesen Rabatt geben? Da reden wir nicht über 400.000 sondern vermutlich über 400.000.000 (wenn es mal langt)...

    • @Strolch:

      Das schöne an Symbolpolitik ist ja: man kann sich ganz einfach und platt eine Meinung bilden.



      Da es keine relevante Auswirkung gibt, gibts meist auch keine Nebenwirkung, die einem auf die Füße fällt.



      Das ist doch viel bequemer als richtige Politik...

  • Wie wäre es denn, wenn man die Ruhgestandsgehälter (nicht nur der Ex-Kanzler und Minister) zukünftig als 'Grundsicherung' konziperte? Der Bund zahlt nur, solange die sonstigen Einkünfte unter dem Ruhestandsgehalt liegen. Dann sind die Leute in jedem Falle gut versorgt (das muss sein, sonst gibt niemand einen guten Job für ein Amt auf) und bei einem hohem Einkommen nach der Amtszeit nicht auf Kosten der Steuerzahler.

  • Dann kann man das Geld ja in Gemeinnützige Projekte stecken, das wäre doch mal was!

  • RS
    Ria Sauter

    Unfassbar, was da an Geld verschleudert wird, auch an die ehemaligen Grüssaugusts.



    Dss nennt sich Ausbeutung derjenigen die dies bezahlen müssen.