Editorial von Andreas Rüttenauer zum NRW-Spezial vor der Landtagswahl: Zu groß für Ausreden
Die Zukunft der CDU in Nordrhein-Westfalen entscheidet sich in Kiew. Dieser Eindruck hat sich aufgedrängt in den Tagen rund um die Reise des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz in die Hauptstadt der kriegsgeplagten Ukraine. Und als die Bundes-CDU zusammen mit der CSU in Köln ein Strategiepapier mit dem Namen „Sicherheit in neuen Zeiten“ vorgestellt hat, da nahmen die Parteichefs Merz und Markus Söder den wahlkämpfenden Ministerpräsidenten Hendrik Wüst in ihre Mitte. Ob es was geholfen hat? Wüst soll am Sonntag das Bundesland für die CDU verteidigen. Leicht wird das nicht.
Dass es wieder eine schwarz-gelbe Regierung geben könnte, ist nach den jüngsten Umfragen eher unwahrscheinlich. Dass wieder ein Schwarzer der neuen Regierung vorstehen könnte, alles andere als gewiss. Und wenn die Grünen mehr Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag stellen werden als je zuvor, wird das gewiss kaum jemanden wundern. Rechenspiele sind es, die die Vorberichterstattung zu den Wahlen bestimmen. Das Land ist mit seinen 18 Millionen Einwohnern allein zahlenmäßig so mächtig, dass man der SPD, sollte sie eine Niederlage einfahren, die Ausrede, das habe nichts mit der Bundespartei zu tun, nicht durchgehen lassen wird.
Worum es wirklich geht in dem Bundesland, wird gerne mal ausgeblendet, wenn von einer „kleinen Bundestagswahl“ die Rede ist. Dabei ist das nicht wenig. Kann im Ruhrgebiet endlich mal ein Strukturwandel gelingen, bei dem nicht ein Großteil der Menschen auf der Strecke bleibt? Grüner Stahl heißt da die Hoffnung einer Stadt wie Duisburg, von der oft gesprochen wird, als sei sie ein einziges Elendsrevier.
Was nach der Braunkohle kommt, wenn im rheinischen Revier abgebaggert ist, was noch abgebaggert werden darf, darüber würde am liebsten der Energiekonzern RWE allein entscheiden. Muss das wirklich sein? Gestalten wolle die Politik, heißt es oft. Nur zu!
Von der großen Jahrhundertflut 2021, nach der so viel von Solidarität gesprochen wurde, bleibt die Erkenntnis, dass die, die ohnehin schon fast nichts hatten, jetzt noch weniger besitzen. Es gibt also genug zu tun in diesem Land, in dem sich so viele Menschen immer weiter voneinander entfernen.
Dass es Leute im idyllischen Münsterland besser haben als im Ruhrgebiet, daran hat man sich über die Jahre gewöhnt. Dass das Wohlstandsgefälle immer größer wird, gilt beinahe schon als Naturgesetz, ganz so, als könne man es eh nicht ändern. So, wie man aus einer Rheinländerin keine Ostwestfälin machen kann und aus einem Sauerländer keinen Ruhri.
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