Vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen: Was ist das für 1 Land?
Mitreden, obwohl ich keine Ahnung habe: Die Briten haben NRW erfunden, ohne Blutwurst geht nichts, und Költ wird auf dem Bieräquator gebraut.
Nordrhein-Westfalen wählt. Für alle, die vom bevölkerungsreichsten Bundesland keine Ahnung haben, hier ein paar Fakten über NRW.
1. Die Briten haben NRW erfunden
Unter dem Codenamen „Operation Marriage“ bereitete die britische Besatzungsmacht nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Gründung von Nordrhein-Westfalen vor: den Zusammenschluss des nördlichen Teils der Rheinprovinz und der preußischen Provinz Westfalen. Am 21. Juni 1946 wurde die Vermählung in London beschlossen und am 23. August vollzogen. Eine Liebeshochzeit war das nicht.
2. Irgendwo ist immer Stau
Sieht man sich das Straßennetz Deutschlands an, bekommt man das Gefühl, dass es zwischen Dortmund, Neuss und Bonn nur Autobahnen gibt. Die sind aber dauerverstopft, irgendwo ist immer Stau. NRW war 2021 mit 32 Prozent aller Staumeldungen in Deutschland Spitzenreiter vor Bayern (16 Prozent). Die meisten Staus gibt es übrigens dienstags und mittwochs.
3. Das Friedensbier heißt Költ
Die Biergrenze zwischen Kölsch und Alt verläuft linksrheinisch durch Dormagen, rechts durch Monheim. Merken kann man sich das auch so: Wo man Alaaf ruft, da trinkt man Kölsch, wer Helau ruft, trinkt Alt. Dabei fand eine Studie 2016 heraus, dass im Blindtest die Biere nicht zu unterscheiden sind. Optisch dagegen gibt es deutliche Unterschiede: Alt ist dunkel, Kölsch hell. Seit 2018 gibt es übrigens Költ, „das Friedensbier aus dem Rheinland“, gebraut in Monheim, exakt auf dem rheinischen Bieräquator.
4. Aus Freundschaft wurde Hass
Der Hass zwischen den Fußballclubs Dortmund und Schalke ist so groß, dass die Fans nicht einmal den Namen des anderen Vereins aussprechen. Dabei wurden die Schalker bis zum Zweiten Weltkrieg bejubelt, selbst vom BVB. Der gewann 1947 plötzlich die Westfalenmeisterschaft, die Schalker Dominanz war gebrochen. Dazu kommen brisante Spielerwechsel und andere Skandale. Seit 2013 gibt es immerhin regelmäßige gemeinsame Derbygottesdienste als „Zeichen für Respekt und Toleranz und gegen Randale“.
5. Ohne Blutwurst geht nichts
Wer im Kölner Wirtshaus „Kölsche Kaviar met Musik“ bestellt, bekommt ein Roggenbrötchen mit „Blootwosch“. Noch spezieller ist das rheinische Gericht „Himmel und Äd“: Kartoffelbrei und Apfelmus – mit gebratener Blutwurst. Wer es süß mag, dem sei die Bergische Kaffeetafel empfohlen: Kaffee, Rosinenstuten, Schwarzbrot oder Pumpernickel, süßer Brotaufstrich, Wurst, Schinken, Milchreis mit Butter, Zucker, Zimt, Waffeln.
6. James Bond kommt aus NRW
Laut der autorisierten Biografie von John Pearson arbeitete James Bonds schottischer Vater nach dem Ersten Weltkrieg im Ruhrgebiet. Seine Frau konnte wegen eines Bahnstreiks nicht rechtzeitig in die Heimat zurückreisen, weshalb Agent 007 am 11. November 1920 in Wattenscheid – einem Stadtteil von Bochum – geboren wurde.
7. Sonntag ist Kinotag
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Über 2.800 Vorstellungen seit 1975: Das Kino Galerie Cinema in Essen-Rüttenscheid zeigt seit 47 Jahren jeden Sonntagnachmittag – mit erzwungener Coronapause – den Film „Harold und Maude“, der von der Liebesbeziehung zwischen einem 18- und einer 79-Jährigen handelt. Die Kinobetreiber gehen davon aus, dass es in Deutschland keinen Film gibt, der länger ununterbrochen läuft.
8. Ein See braucht Zeit
NRW hat viele Seen. Wenn Deutschland aus der Kohle aussteigt, könnte ein besonders großer dazukommen. Denn zwischen Aachen, Düsseldorf, Köln und Mönchengladbach liegt Europas größtes zusammenhängendes Braunkohlegebiet, etwa dreimal so groß wie Berlin. Eine Idee der Nachnutzung ist ein Tagebausee. Der See Hambach wäre dann der tiefste und nach Volumen zweitgrößte See in Deutschland. Bis all das Wasser drin ist, wird es aber bis mindestens 2100 dauern.
9. Karneval der Tiere
Seit Jahren ein Streitthema im Karneval: der Einsatz von Pferden auf Karnevalsumzügen. Nachdem es immer wieder zu Unfällen kam und Tierschützer sich empörten, verbot Bonn zuletzt Tiere beim Umzug. Köln hält dagegen – unter verschärften Auflagen – an Pferden beim Umzug fest. Immerhin ist nun vorgeschrieben, dass die Pferdeführer nicht betrunken sein dürfen.
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