THW Kiel siegt im Pokalfinale: Zum Abschied ein Titel
Der THW Kiel wird nach dem 28:21 Sieg gegen den SC Magdeburg Pokalsieger und muss nun die Frage lösen, wie es ohne seine Leistungsträger weitergeht.
Und sie waren es auch, die diesem Finale des DHB-Pokals der Saison 2021/22 ihren Stempel aufdrückten: Landin mit den entscheidenden Paraden, Sagosen mit den wichtigen Toren. Schade für Verein und Liga, dass Landin zur Spielzeit 2023/24 ins heimische Aalborg wechselt, Sagosen sich dem norwegischen Klub Kolstad anschließt. Weil der Kader des THW zudem einen hohen Altersschnitt hat, kommt da viel Arbeit auf Trainer Filip Jicha und Sportchef Viktor Szilagyi zu. Vor allem der Rückraum muss komplett umgestaltet werden, und im Tor wird Kiel seine Lebensversicherung verlieren.
Die Selbstverständlichkeit, mit der Landin seit Jahren große Spiele für seine Teams entscheiden kann, ist frappierend – und seine Haltung dazu hinterher auch immer wunderbar abgehangen: „Am Ende war der Gegner müde und hat nur noch Standardwürfe gemacht, die ich halten konnte“, sagte er. Diesen Torwart wird der THW Kiel vermissen.
Aber wer wollte in die ferne Zukunft schauen, wenn die Gegenwart so süß schmeckt? Die Champagnerdusche gab es für alle: Um kurz vor halb vier durfte sich der THW zum zwölften Mal DHB-Pokalsieger nennen. „Ich bin unglaublich stolz auf meine Mannschaft“, sagte THW-Trainer Filip Jicha später, „wir hatten solch ein schweres Halbfinale gegen Lemgo und haben es nun noch geschafft, die überragende Mannschaft dieser Bundesligasaison zu bezwingen.“
Filip Jicha, Trainer THW Kiel
Und das völlig verdient und „beeindruckend“, wie der Magdeburger Trainer Bennet Wiegert sagte: „Wir haben 45 Minuten super mitgehalten, unser Spiel durchgebracht, sind dann aber an der überragenden Kieler Effektivität zerschellt.“ Tatsächlich gelangen den Kielern aus den letzten 13 Angriffen zwölf Tore – eine beinahe makellose Bilanz. Über die Stationen 22:19 und 25:20 kamen die Kieler zum 28:21. Da jubelte die Bank schon und mit ihnen viele Fans in Schwarz und Weiß.
Zerschellt war der SCM auch an der THW-Abwehr mit Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek. Die beiden ackerten 60 Minuten im Innenblock und machten den Magdeburgern das Leben schwer. Wie schon im Bundesligaspiel vor vier Wochen in Magdeburg war es zudem eine gute Idee, die Deckungsspieler auf den Halbpositionen, Magnus Landin und Steffen Weinhold, vorgezogen spielen zu lassen – das nahm dem SCM sehr viel Schwung.
Eigenen Schwung nahm der THW aus der Überzahl im Angriff: „Ich habe den Jungs schon am Samstag gesagt, dass wir heute sieben gegen sechs spielen, weil das Spiel gegen Lemgo so viel Kraft gekostet hat. Die Jungs mögen das und es hat gut geklappt“, erklärte Jicha. Mit großer Sicherheit passten die Spieler den Ball und fingen sich keinen einzigen Treffer ins leere Tor ein.
Mit dem Rückenwind des ersten Titels, der beim THW immer zum Erwarteten gehört, wollen die Kieler nun den zweiten Platz in der Bundesliga absichern und in der Champions League gegen Paris bestehen, um das Final Four in Köln zu erreichen. Das wird zukünftig ein doppeltes Ziel sein: Nach 28 Jahren verabschiedet sich das DHB-Final-Four nun aus Hamburg und findet 2023 erstmalig in Köln statt.
Die Ligavereinigung HBL sieht dort größeres finanzielles Potential. Dazu sagte deren Geschäftsführer Frank Bohmann auf der Abschlusskonferenz: „Wir gehen mit mindestens einem weinenden Auge aus Hamburg weg. Solche Feste wie heute hatten wir ja oft. Wir freuen uns aber auch auf Köln. In Hamburg hat man gemerkt, dass die Stadt kein Hometeam mehr hat. Wir wollen und müssen in Köln neue Impulse setzen.“ So wird der THW der vorerst letzte Pokalsieger in Hamburg sein.
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