Sportliche Märchenstunde: Doping und Räuberpistolen
Viele Sportler zerbrechen sich den Kopf, wie Dopingmittel es nur in ihren Blutkreislauf schaffen können. Aus Russland gibt es eine neue Erzählung.
Wer kennt das nicht? Man ist zu Besuch beim Opa, und weil man dem alten Mann nicht noch unnötigen Abwasch bescheren möchte, trinkt man eben aus einem Glas. Es haben sich schon viele Athleten den Kopf darüber zerbrochen, wie Dopingmittel es nur in ihren Blutkreislauf schaffen konnten. Den Anwälten der 15-jährigen russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa war schnell klar, dass nur der Opa über den Speichel eines gemeinsam genutzten Glases das Herzmedikament Trimetazidin seiner Enkelin zuführen konnte. Die alltägliche Routine hat eben so ihre Tücken.
Meist sind es bislang Ausnahmesituationen gewesen, die Athleten unverschuldet von ihrem Weg der Fairness abgebracht haben. Die norwegische Skilangläuferin Therese Johaug, die in Peking bereits zwei Goldmedaillen einheimste, musste 2016 das Eindringen eines Steroids in ihren Körper erklären. Ihr Arzt gab letztlich zerknirscht zu, er hätte eine Salbe für die Lippen der nichts ahnenden Johaug besorgt, welche die verbotenen Substanzen enthielt.
Zu viel Testosteron in seinem Körper erklärte US-Sprinter Dennis Mitchell mit fünf Flaschen Bier und viermal Sex. Zu viel Whiskey ist auch nicht gut für den Testosteronspiegel. Zu diesem Schluss kam Radprofi Floyd Landis. Überhaupt ist Maßlosigkeit ein Problem: Der britische Sprinter Linford Christie machte den übermäßigen Verzehr von Avocados für seine Nandrolonwerte verantwortlich. Zu wenig Essen kann auch gefährlich sein. Der deutsche Skilangläufer Johann Mühlegg führte Epo-Werte auf eine spezielle Diät aus Proteinen und Kohlenhydraten zurück.
Missgeschicke können zudem Dopingzahlen erhöhen. Pech hatte etwa Mountainbikerin Ivonne Kraft. „Das Asthma-Spray meiner Mutter ist explodiert. Ich stand daneben und habe die ganze Wolke eingeatmet.“ Und manchmal reichen die Ursachen weit zurück. Radprofi Tyler Hamilton berichtete: „Die fremden Blutzellen in meinem Körper werden von den Stammzellen meines vor der Geburt gestorbenen Zwillings produziert.“
Dopingexperte Fritz Sörgel hält aktuell die Erklärung zu Kamila Walijewas Werten für unzureichend. Aber wer weiß, was und wie viel Walijewa und ihr Opa noch gemeinsam zu sich genommen haben. Am Dienstag absolvierte sie das Kurzprogramm als Beste. Bei der Kür am Donnerstag geht es um Gold, wenn ihr nicht noch jemand in die Suppe spuckt.
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