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Treffen der EU-VerteidigungsministerEinigkeit in Brest

Alle 27 EU-Staaten verneinen die Forderungen Russlands nach einem Ende der Nato-Osterweiterung. Ansonsten setzt man auf Dialog.

Florence Party und Josep Borrell: Geschäftiges Treiben in Brest Foto: Thibault Camus/dpa

Brüssel taz | Im Konflikt um die Ukraine und eine neue europäische Sicherheitsordnung hat sich Russland eine weitere Abfuhr eingeholt. Nach der Nato, die am Mittwoch in Brüssel getagt hatte, lehnte am Donnerstag auch die Europäische Union die wichtigsten Forderungen Russlands ab.

Alle 27 EU-Staaten seien sich einig, dass es „nicht infrage“ komme, der ­Ukraine einen Nato-Beitritt zu verwehren, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Treffen der Verteidigungsminister im französischen Brest. Das Nein sei „sehr konkret“. Die Ukraine sei ein souveräner Staat, der allein über seine Bündnisse entscheide, so Borrell weiter. Dasselbe gelte für Finnland und Schweden, die neuerdings verstärkt über einen Nato-Beitritt nachdenken. Russland habe kein Recht, ein Veto einzulegen – da seien sich alle Europäer einig.

Die Regierung in Moskau hatte ein Ende der Nato-Osterweiterung und umfassende Sicherheitsgarantien gefordert. Die USA, die Nato und die EU fürchten jedoch, dass dies nur ein Vorwand für eine Invasion in die Ukrai­ne sein könnte – und drohen mit massiven Sanktionen. Falls es zu einem Krieg komme sollte, könne die umstrittene deutsch-russische Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 nicht ans Netz gehen, sagte Borrell.

Konzilianter äußerte sich Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly. Es sei gut, dass es wieder Gespräche mit Russland gebe, so Parly. Frankreich und Deutschland würden nun gemeinsam versuchen, das „Normandie-Format“ wiederzubeleben.

Dialog auf Augenhöhe

Dabei sitzen Russland, die Ukrai­ne, Deutschland und Frankreich an einem Tisch, um diplomatische Lösungen zu finden. Moskau hatte Berlin und Paris allerdings im vergangenen Herbst vorgeworfen, russische Vorschläge zu ignorieren, und die Gespräche aufgekündigt. Seitdem führen die USA die Verhandlungen – auf allen Ebenen: bilateral, in der Nato und in der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Das Forum sei ideal für einen Dialog auf Augenhöhe, sagte US-Diplomat Michael Carpenter am Donnerstag in Wien.

Deutschland, Frankreich und die EU sind zwar auch in der Nato und in der OSZE vertreten. Sie haben bisher aber keine eigene, aktive Rolle gefunden. So ließen sich die EU-Verteidigungsminister nach dem Nato-Russland-Rat von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg informieren. Einen direkten Draht nach Moskau haben sie nicht, auch einen EU-Vorschlag für eine neue europäische Sicherheitsordnung sucht man bisher vergebens. Dies passt schlecht zur Vision eines „souveränen Europas“, die sich der französische EU-Vorsitz auf seine Fahnen geschrieben hat.

Immerhin diskutiert die EU nun über einen „strategischen Kompass“, der das Verhältnis zu Russland, China und anderen Mächten neu definieren soll. Nach den Verteidigungsministern beugten sich am Donnerstag in Brest auch die Außenminister über die neue EU-Strategie. Dies sei ein „klares Signal“, dass es die EU ernst meine, sagte Außenministerin Annalena Baer­bock. „Gerade gegenüber autokratischen Akteuren wie Russland und China“ müssten die Europäer sich um Geschlossenheit bemühen und eine Rolle suchen, „die auf Härte, aber auch auf Dialog setzt“. ­Ausdrücklich ­lobte sie die nun begonnenen Gespräche mit Moskau in der OSZE.

Russlands Ständiger OSZE-Vertreter, Alexander Lukaschewitsch, äußerte sich weniger optimistisch. Die Gespräche über Sicherheitsgarantien dürften nicht verschleppt werden, forderte er. „Russland ist ein friedliebendes Land. Aber wir brauchen keinen Frieden um jeden Preis.“

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