Hardy Krüger, Kapitäne und Frisuren: Wann ist Russland Hitler?
Ist Scholz die Omikron-Variante von Merkel? Und wer ist der Dixie Dörner der BRD? Ein Rückblick auf die vergangene Woche.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Olaf Scholz wird für kompetentes Abwesen kritisiert.
Und was wird besser in dieser?
Ist Scholz die Omikron-Variante von Merkel?
Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner ist im Alter von 70 Jahren gestorben. An welchen seiner Spielzüge erinnern Sie sich?
Wie sie Bayern München 1973 im Europapokal fast abgezogen hätten. Mit Dörner als direktem Gegenüber von Beckenbauer. Den man, jedenfalls bitte jetzt, den Dixie Dörner der BRD nennen darf einmal.
Und vielleicht auch eine Erinnerung an den aufrechten Antifaschisten Hardy Krüger?
Krüger wurde vom „stramm nationalsozialistischen Elternhaus“ als Dreizehnjähriger auf eine „Adolf-Hitler-Schule“ geschickt, Führungsnachwuchs für wenn der Führer mal schwächelt. Das ist beglückend schief gegangen, der späte Pimpf sponserte die Amadeu-Antonio-Stiftung und mitbegründete die Initiative „Exit Deutschland – Gemeinsam gegen rechte Gewalt“. Ich gab mir sofort noch mal seinen Klassiker „Der Flug des Phoenix“ von 1965. Krüger gibt einen blaublonden Kerndeutschen, dem seine Ingenieursreligion wichtiger ist als Menschen. Eingebunden in James Stewarts bunte US-Flugzeugcrew wird trotzdem ein wertvoller Retter aus ihm. Selten wurde die Adoption deutscher Kriegsverbrecher in die NASA berührender erzählt. Dagegen anzuleben ist ihm gelungen; Respekt.
Der Preis für den Liter Diesel hat erstmals die Marke von 1,60 Euro überschritten. Ist daran irgendetwas schlecht?
Die Profitspanne.
Österreich hat eine Corona-Impfpflicht eingeführt. Zieht Deutschland nach?
Nach fast zwei Jahren am-Parlament-vorbei-Regieren ist es richtig, diese Frage zu entriegeln und den ParlamentarierInnen ins Gewissen zu stellen. Die Kritik der Union am Schweigen der Ampel ist wohlfeil, sie nörgeln, dass es nichts zu nörgeln gibt. Es wäre ein Wortbruch, ja, und wer was gegen Wortbruch hat, kann sich impfen lassen.
Von einem ist in der gegenwärtigen Russland-Ukraine-Krise bemerkenswert wenig die Rede – von der russisch besetzten Krim. Sollte man sie nicht ganz offiziell an Putin übergeben, als realpolitisches Beschwichtigungsgeschenk?
Geil! Wenn ich Ja sage, wird der deutsche Botschafter einbestellt und ich muss nie wieder Krawattenkapitän bei der Marine sein! Marine-Inspekteur Schönbach hat in Indien ordentlich Welle gemacht mit militärischem locker-room-talk und erfrischt damit die maritime Tradition der Selbstversenkung. Putin wolle Respekt, den gebe es doch gratis, und die Krim sei halt futsch. Ein Effekt der Krim-Besetzung ist: Die Nato kann keine Gebiete aufnehmen, die von anderen Truppen – hier der russischen Schwarzmeerflotte – besetzt sind.
Ließe Putin die Krim gehen, bräuchte er eine neue Krise, etwa indem er in die Ostukraine einmarschiert. Der politische Schlüssel ist also das Drängen der Nato – vorneweg der USA – auf die Mitgliedschaft der Ukraine. Das ist wesentlich älter als die Krim-Besetzung. Kluge Außenpolitik denkt die Gedanken des Gegners zum eigenen Ziel hin. Derzeit wird man dann gefeuert. Fußnote: Beide Seiten eskalieren munter los just in dem Moment, da die Gottmutter des allseits einschläfernden Stehtanzes die Bühne verließ. Merkel ist Vergangenheit, und aus der soll man ja lernen.
Israel und Deutschland haben sich auf U-Boot-Lieferungen geeinigt. Auch die Ukraine hätte gern Kriegsschiffe von Deutschland, bekommt sie aber nicht. Ist das nachvollziehbar?
Ich freue mich über die Abwesenheit des Orwellismus „Defensivwaffen“ in der Frage. Mit diesem Virus, an dem zuletzt Robert Habeck schwer erkrankte, wird suggeriert: Die Deutschen liefern Helm, Schild, Leukoplast, nur dass es eben Kriegsschiff und Raketensysteme sind. Israel bekommt die Waffen „aus Respekt vor der Geschichte“, und just diese Begründung beansprucht nun auch die Ukraine. In dem Bild ist Russland dann Hitler, was immerhin originell klingt.
Frau Merkel möchte nicht zur UNO. Schade drum?
2016 gab es eine Initiative, erstmals eine Frau an die Spitze der UNO zu wählen. Vielleicht scheiterte das auch mangels weltweit überzeugender Kandidaten. Merkel jedenfalls sprang nicht. Nun als Mitschläferin im Ausschuss kann man sie sich schlecht vorstellen.
Und was machen die Borussen?
Das Fanzine schwatzgelb hat ermittelt, das Julian Brandt die zweitübelste Frisur, Jude Bellingham das beste Sozialverhalten habe. Was man halt so macht, wenn man nicht Meister wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos