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Nach zwei Jahren AbschottungNordkorea öffnet Pforte zu China

Beide Länder haben die Grenzen in der Pandemie dicht gemacht. Nun fährt wieder ein Zug zwischen den Nachbarn.

Die Freundschaftsbrücke verbindet die chinesische Stadt Dandong mit der Stadt Sinuiju in Nordkorea Foto: Thomas Peter/imago

Peking taz | Nordkorea war seit Beginn der Coronapandemie derart von der Außenwelt abgeschottet, dass nun die bloße Ankunft eines Cargo-Zugs internationale Schlagzeilen generiert. In den Morgenstunden am Montag ist die Bahn von der chinesischen Grenzstadt Dandong über den Yalu-Fluss wieder zurück nach Nordkorea gerollt. Seither rätseln südkoreanische wie auch japanische Medien eifrig, welche Fracht der Zug wohl transportiert haben mag: Die Nachrichtenagentur Yonhap aus ­Seoul wettet auf medizinische Vorräte und andere Hilfsgüter.

Kaum ein Staat wurde ökonomisch so massiv von der Covidkrise getroffen wie Nordkorea. Um Infektionen in dem Land zu vermeiden, dessen Bevölkerung mangelernährt und dessen Gesundheitssystem höchst rudimentär ausgebaut ist, hatte das Kim-Regime die Grenzen vollständig geschlossen. Insofern erreichte die Pandemie, was die jahrelang von den USA angeführte Sanktionspolitik nicht vollbringen konnte: den Außenhandel des Landes praktisch vollständig zum Erliegen zu bringen.

Dass Nordkorea nicht komplett kollabierte, hat es diskreten Hilfslieferungen Chinas zu verdanken. Die Volksrepublik schickt dem verarmten Nachbarn nach wie vor Nahrungsmittel, Dünger und Treibstoff. Die Lieferungen wurden vor allem fernab der Medienöffentlichkeit auf dem Meerweg über den Hafen Nampo abgewickelt. Dort sollen die Güter Quarantänezeiten von bis zu drei Monaten durchlaufen haben, ehe sie weitertransportiert wurden.

Andrei Lankov von der Kookmin-Universität in Seoul, einer der profiliertesten Kenner des Landes, beschreibt 2021 für Nordkorea als eine Zeit „akuter Krisen und radikaler Veränderungen“. Zuletzt habe sich die Nahrungsmittelversorgung in einigen abgelegenen Provinzen derart verschlimmert, dass es auch wieder Hungertote gegeben haben soll, schreibt der gebürtige Russe in einer aktuellen Analyse.

Keine Waren, keine Menschen

Die Isolation des Landes manifestierte sich auch in neuen Zäunen entlang der 1.350 Kilometer langen Grenze mit China. So ist auch die Anzahl an Flüchtlingen, die von Nordkorea über China nach Südkorea fliehen, extrem eingebrochen – von etwa 1.000 pro Jahr vor der Pandemie auf knapp 70 im Vorjahr.

In der chinesischen Grenzstadt Dandong war die Ausnahmesituation mit bloßem Auge zu erfassen: In den Hotellobbys der Innenstadt waren die Geschäftsleute und Händler aus Pjöngjang plötzlich verschwunden, auch die nordkoreanischen Arbeiter in den umliegenden Fabriken wurden größtenteils abgezogen. Nur in den Restaurants entlang der Flusspromenade warben nordkoreanische Kellnerinnen weiterhin um touristische Kundschaft.

Auch innerhalb des abgeschotteten Nordkoreas ebbten die Nachrichtenflüsse während der letzten zwei Jahre zunehmend ab. Was nach außen drang, klang alarmierend: Die letzten Ausländer in der elitären Hauptstadt Pjöngjang berichteten zuletzt von hoher Inflation und leeren Supermarktregalen. Dass die Lage in den Provinzen um ein Vielfaches schlimmer sein muss, steht außer Frage.

Win-win-Situation

Insofern ist die Wiederaufnahme des Grenzhandels zwischen China und Nordkorea zunächst eine erfreuliche Entwicklung für das verarmte Volk. Auch wenn die neu geöffnete Grenze eine typische Win-win-Situation bedeutet: Denn die nordostchinesischen Provinzen, die stark vom wirtschaftlich dynamischen Süden Chinas abgehängt wurden, stehen zunehmend unter Druck, höhere Einnahmen zu generieren.

Das Außenministerium in Peking bestätigte am Montag schließlich hochoffiziell, dass die Grenzen geöffnet worden seien: „Güterzüge, die Waren zwischen Dandong und der Demokratischen Volksrepublik Korea transportieren, haben den Betrieb wieder aufgenommen. Dieser wird in Übereinstimmung mit den bestehenden Maßnahmen zur Pandemieprävention durchgeführt“, sagte Sprecher Zhao Lijian bei einer Pressekonferenz.

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