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Lebensgemeinschaften jenseits von LiebeJustizminister bekräftigt Gesetzesplan

Marco Buschmann will „Verantwortungsgemeinschaften“ rechtlich absichern. Vielen würde so das Leben etwas einfacher gemacht werden, sagt der FDP-Politiker.

Bald nicht mehr nur informeller Schwur: Verantwortung füreinander ohne monogame Beziehung soll künftig gesetzlich möglich sein Foto: Hannah Busing via Unsplash

Berlin dpa | Bundesjustizminister Marco Buschmann hat Pläne für die Schaffung eines neuen gesetzlichen Modells für Lebensgemeinschaften bekräftigt. „Es geht um die Möglichkeit, jenseits der Ehe rechtlich abgesichert Verantwortung füreinander zu übernehmen“, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

„Ein solches Modell kann zum Beispiel eine Lösung sein für Menschen, die im Alter ihren Partner verloren haben oder schon lange allein sind und sich fragen, ob sie den Alltag noch ohne Hilfe schaffen.“

Wenn sich etwa eine 80-Jährige und eine 70-Jährige für eine Wohngemeinschaft zusammentun wollten, um so lange wie möglich selbstständig leben zu können, dann gebe es viele rechtliche Probleme. Das fange beim Mietrecht an und gehe bis zu Auskunftsrechten beim Arzt. „Hier wollen wir Abhilfe schaffen“, sagte Buschmann. „Eine solche Wahlverwandtschaft wollen wir auf eine rechtlich abgesicherte Basis stellen.“

Der Minister betonte, mit einer solchen „Verantwortungsgemeinschaft“ für Menschen, die keine Liebesbeziehung verbindet, nehme man niemandem etwas weg, „aber vielen machen wir das Leben etwas einfacher“. Als weiteres Beispiel für eine solche Gemeinschaft nannte Buschmann zwei Alleinerziehende, die sich gegenseitig unterstützen, die Kinder abwechselnd betreuen und sich im Alltag helfen wollen.

Im Koalitionsvertrag der Ampelparteien SPD, Grüne und FDP heißt es dazu: „Wir werden das Institut der Verantwortungsgemeinschaft einführen und damit jenseits von Liebesbeziehungen oder der Ehe zwei oder mehr volljährigen Personen ermöglichen, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen.“

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15 Kommentare

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  • Weil es zum Thema passt:



    Ich habe gerade in einem anderen Medium in diesem Zusammenhang gelesen, "wer Rechte bekommt, hat auch Pflichten". Insofern hoffe ich, dass die Zielgruppe genau hinsehen wird, ob diese Verantwortungsgemeinschaft vorteilhaft oder nachteilig ist.

  • Wenn das von der FDP kommt, muss man besonders aufpassen. Nein, ich brauche das nicht. Ich sehe auch keine Vorteile, nur Nachteile. Diese wurden bereits erwähnt. Niemandem wird verwehrt, Verantwortung zu übernehmen. Außerdem habe ich bereits genügend "Verantwortungsgemeinschaft".

  • Die Idee ist nicht schlecht, bis ich an die Verantwortungsgemeinschaften in der Sozialgesetzgebung denke...



    Bin gespannt wenn dann das Geld der sich gegenseitig verantwortenden gegeneinander aufgerechnet wird. Ich bin da extrem mißtrauisch, denn wer hat HartzIV ermöglicht: 2 der 3 in der aktuellen Regierung beteiligten.

    • @Thorsten Gorch:

      bei Hartz 4 werden WGs jetzt schon finanziell füreinander herangezogen, es sei denn, Sie können beweisen, dass die Haushalte strikt getrennt sind. Schon ein gemeinsamer Wocheneinkauf könnte dies torpedieren.



      Da ist es sinnvoll, den Menschen neben der Verpflichtung endlich auch die Rechte zu geben.

    • @Thorsten Gorch:

      bei Hartz 4 werden WGs jetzt schon finanziell füreinander herangezogen, es sei denn, Sie können beweisen, dass die Haushalte strikt getrennt sind. Schon ein gemeinsamer Wocheneinkauf könnte dies torpedieren.



      Da ist es sinnvoll, den Menschen neben der Verpflichtung endlich auch die Rechte zu geben.

  • Ich unterstütze das nicht.

    • @Leidel:

      Sachlich fundiert und ins Detail reflektiert die eigene Meinung rausgefeuert. Viele Menschen werden sich Ihre Worte zu Herzen nehmen und umdenken, vielleicht sogar quer. Danke für Ihren Beitrag!!!1elf!

  • Eine weitere Frage die ich mir stelle, ist, ob bereits in einer Ehe lebende Personen, zusätzlich in eine Verantwortungsgemeinschaft eintreten dürfen, ob die Zustimmung des Ehemannes oder der Ehefrau vorliegen muss und wie die ggf. unterschiedlichen Interessen zwischen allen Beteiligten abgestimmt werden.

    • @*Sabine*:

      Ohne die genauen Pläne zu kennen, würde ich vermuten, dass Verantwortungsgemeinschaften, zu denen auch Ehepaare gehören, nur gemeinsam neue Verantwortungsgemeinschaften eingehen dürfen.



      Ob aber Logik hier angewendet wird ?

  • Soso...ich fürchte allerdings, dass sich der Staat noch mehr in die privaten und persönlichen Belange der Bürger einmischen will und wird.

    Ich denke da nur an die unfreiwilligen Bedarfsgemeinschaften nach Harz IV - die einfach nur als Begründung zur Kürzung der Harz IV-Sätze hergenommen werden.

    Oder diese "eingetragenen Lebenspartnerschaften" bei denen man sich schon fragen darf wie sie mit dem grundgesetzlichen Schutz der Ehe zusammenpassen.

    Und die Argumentation vieles würde einfacher ist natürlich Sand in unsere Augen denn beim Arzt hilft natürlich jetzt schon eine Schweigepflichtentbindung und ob die geplanten "Neuregelungen" tatsächlich Einfluss auf herbeipostulierte Zwistigkeiten im Mietverhältnis haben darf getrost bezweifelt werden.

  • Ich bin gespannt auf die konkrete Ausgestaltung, auch in Hinblick auf Unterhaltspflichten, Renten- und Pensionsansprüche. Es geht meiner Einschätzung nach ein wenig in Richtung "Vielehe", womit ich allerdings kein Problem habe, wenn sie m/w/d gleichermaßen offen steht.

    Interessant finde ich auch die Frage, ob sich der Staat damit allmählich seinen Versorgungspflichten entziehen und dies auf (noch) mehr Privatpersonen abwälzen möchte; Beispiel "Bedarfsgemeinschaften" oder auch eine Krankenkassenleistung wie Haushaltshilfe zur Unterstützung etc..

    • @*Sabine*:

      Das Idee klingt erstmal gut, aber da es von der F.D.P. kommt ist eigentlich klar worum es geht:

      Die gesamtgesellschaftliche Solidarität soll noch weiter abgebaut werden, als es rot-grün mit H.IV usw. schon gemacht haben, und durch eine Privatisierung der Verantwortung im Kleinen ersetzt werden.

      Andererseits kann es ein Fortschritt sein, z.B. um endlich bisexuellen und polyamourösen Konstellationen eine rechtliche Absicherung zu ermöglichen. Vielleicht ist es für manche von vornherein eine Alternative zur Ehe, vorausgesetzt aus der Verantwortungsgemeinschaft ergibt sich ein legaler und sicherer Aufenthaltsstatus.

      • @Io Jap:

        Kleiner Inhaltsunbezogener Kommentar: Hartz IV mit H.IV abzukürzen ist eine spannende akrobatische Übung Ihres Beitrages...

        • @outsourced:

          Diese Idee stammt zugegebenermaßen nicht von mir, sondern ich habe das so an verschiedenen Stellen gesehen - und für sinnvoll befunden.

  • Wird aber auch Zeit. Frankreich hat das schon seit 1999.

    de.wikipedia.org/w...idarit%C3%A4tspakt