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US-Sanktionen gegen Ex-Präsident DodikKlares Stoppschild nötig

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Die US-Sanktionen gegen Serbenführer Milorad Dodik sind richtig. Sie können aber nur ein erster Schritt sein – nun muss Europa nachziehen.

Dem rabiaten Nationalismus entgegentreten: Milorad Dodik, bis 2018 Präsident der Republik Srpska Foto: ap

E s war überfällig und notwendig: Die USA haben Sanktionen gegen den bosnisch-serbischen Nationalistenführer Milorad Dodik verhängt. Mit den Finanzsanktionen wird mögliches Vermögen Dodiks in den USA eingefroren, außerdem werden US-Bürgern Finanztransaktionen mit ihm untersagt. Dass die Sanktionen zeitgleich zum Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in Washington erlassen wurden, ist vielleicht ein Fingerzeig. Denn bislang gibt es schlicht keine koordinierte und belastbare Balkanstrategie der westlichen Mächte, also der USA, der EU und der Nato.

Auf der anderen Seite gibt es jedoch eine Strategie. Am 9. Januar werden zum Gründungstag der „Republika Srpska“, der serbisch dominierten Teilrepublik in Bosnien, von Russen ausgebildete Spezialeinheiten eine Parade abhalten und damit unterstreichen, dass es ­Dodik ernst damit ist, eine eigene Armee aufzubauen und den Staat Bosnien und Herzegowina zu zerstören.

Dodik, der einst Präsident der Teilrepublik war und noch im dreiköpfigen Staatspräsidium sitzt, kann auf die Hilfe Russlands vertrauen. Und im europäischen Haus selbst unterstützen ihn die rechtsradikalen Kräfte und Parteien psychologisch und materiell. Viktor Orbán hat Dodik kürzlich eine Finanzhilfe von 100 Millionen Euro zugesagt. Die liberale Demokratie soll ins Wanken geraten.

Die jetzt ergriffenen Sanktionen der USA gegen Dodik können aber nur ein erster Schritt sein. Europa muss nachziehen, und Berlin spielt eine Schlüsselrolle dabei. Sanktionen der EU müssen zwar gegen den Widerstand Ungarns, Sloweniens, Polens und auch Kroa­tiens in Brüssel durchgesetzt werden. Doch eine Koalition der Willigen unter der Beteiligung Deutschlands kann im Gleichschritt mit den USA durchaus etwas bewirken.

Europa kann sich auf dem Balkan eine Politik des Nichtstuns nicht weiter leisten, denn zu viel steht auf dem Spiel. Es geht nicht nur darum, den Vertretern eines rabiaten Nationalismus auf dem Balkan entgegenzutreten, sondern auch darum, klar gegen die Unterstützer vorzugehen. Langjährige Sponsoren des rechten Radikalismus in Europa, Wladimir Putin und Orbán, haben jetzt – zumindest in Bosnien – ein klares Stoppschild verdient.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
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5 Kommentare

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  • Wie Konzeptlos "der Westen" ist zeigt sich mal wieder in aller Deutlichkeit. Sanktioniert wird Dodik, wobei ich befürchte, dass die Sanktionen nicht einmal wirklich etwas bewirken werden.



    Wie man jedoch mit dem Nationalismus kroatischer Seite entgegen tritt, dazu kein einziges Wort. Zur Destabilisierung in Bosnien tragen diese aber genauso bei.



    Man könnte meinen, es werden weiterhin die alten Allianzen des 3. Reiches gehegt und gepflegt und das soll dann noch als Kampf gegen Nationalismus verkauft wertden.

  • War an @BOANDLGRAMER gerichtet.

  • Ihr Kommentar ist wohltuend, der sich deutlich von dem Sanktionsgeschrei der einfallslosen deutschen Außenpolitik unterscheidet.



    Wir hören aus dem deutschen AA stets nur bei Konflikten die einfachste aller Scheinlösungen, nämlich Sanktionen. Deutschland verzichtet weitestgehend auf Diplomatie und glaubwürdiges Vermitteln. Obwohl ich bezweifle, dass Deutschland im Balkan in den meisten Regionen das Vertrauen hat, seitdem sich schon unter Schröder/Fischer die Unterstützung von teils kriminellen Banden wie UCK durchgesetzt hatte.

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Müssen wir hier nicht erstmal darüber reden, dass EU und USA im gesamten Restjugoslawien (und genaugenommen gilt das auch für das ganze restliche Osteuropa) skrupellos mit Gaunern paktiert haben, in der Hoffnung, diese hätten genug Hausmacht, um für Ruhe zu sorgen?

    Slowenien und Kroatien radikalisieren sich immer weiter, Serbien hat seine Eigenwahrnehmung als Staatsvolk nicht aufgegeben, in Bosnien, Herzegowina, Kosovo und Mazedonien sind lauter Männer an der Macht, die eigentlich im Gefängnis sitzen müssten.

    Natürlich ist das ein Sauhaufen, voller alter Verletzungen und neuen Nationalismen, von Gier getrieben, aber auch von Armut - aber statt dass der Wertewesten gezielt - und gegen die Wünsche der lokalen Despoten - NGOs gefördert hätten, die Demokratie, Pressefreiheit, Versöhnung, Kunst fördern, hat man den Despoten Anerkennung, Geld, Waffen verschafft.

    Eine Zentrale Rolle spielt immer noch der Konflikt zwischen Kroaten und Serbien bezüglich des Ausrottungsversuchs der Ustaschi an den Serben. Deutschland bezieht keine Stellung und lässt die Kroaten mit ihrer Verweigerungshaltung gewähren, offeriert gar die EU-Mitgliedschaft; während die Serben mit ihrem Opfermythos weitgehend alleine gelassen werden. Es würde vieles besser machen, wenn man Jasenovac international anerkennen und das Unrecht benennen würde. 80 Jahre danach geht es nicht mal ums Geld, es geht nur noch um Befindlichkeiten - aber selbst das bekommt die EU nicht hin.

    Man hat im Rückblick fast den Eindruck, USA und EU haben gezielt und konsequent die Spalter und Scharfmacher gefödert...

    Wenn man jetzt isoliert Einzelne herausgreift und nun doch als böswillig markiert, aber die Gesamtstrategie nicht radikal ändert, verschenkt man bei allen Menschen auf dem Balkan die mickrigen Reste von Glaubwürdigkeit, die es brauchen würde, um die Region zu versöhnen - und dann auch zu befrieden.

    • @05989 (Profil gelöscht):

      Das Verbrechen in Jasenovac ist weder unbekannt, noch gibt es irgendeine Verweigerungshaltung seitens Kroatiens. Man wird schnell bei entsprechenden Stellen fündig, sollte ein ernsthaftes Interesse an der Auseinandersetzung mit dem Thema tatsächlich vorliegen. Kroatien ist bereits ein EU Mitglied, weil eben alle Aufnahmevoraussetzungen erfüllt wurden. Ob Serbien diese Voraussetzungen jemals erfüllen wird, steht noch in den Sternen, und hat mit Kroatien eigentlich nichts zu tun, genausowenig wie man eine andauernde Expansionspolitik gegenüber souveränen Nachbarstaaten mit irgendwelchen Geschehen aus dem zweiten Weltkrieg rechtfertigen kann.