Ex-Linkenchef soll Klimaausschuss leiten: Porsche-Klaus liebt die Autos
Trotzdem hat ihn die Bundestagsfraktion nun für den Vorsitz des Ausschusses für Klima und Energie nominiert. Nicht wenige Linke sind irritiert.
Sondern auch, weil sein Leben eng mit der Automobilindustrie verwoben ist. Geboren 1954 in München, Ausbildung zum Elektromechaniker. Mit 18 Jahren Eintritt in die IG Metall, nach dem VWL-Studium Gewerkschaftssekretär und unter anderem Arbeitnehmervertreter im Porsche-Aufsichtsrat.
Auch als Linken-Abgeordneter machte Ernst keinen Hehl aus seiner Liebe zum Auto: Er kritisierte Anfang 2020 die Klimapläne der Linken, die ab 2030 auf Verbrennungsmotoren verzichten will, sah darin „eine gewisse Autofeindlichkeit und setzte dagegen auch auf „Verbrennungsmotoren, die mit Biogas oder Synfuels laufen“. Erst im Juli twitterte er ein Foto von sich vor einem Wasserstoffauto, das er gerade Probe gefahren war. Fazit: „Individuelle und ökologische Mobilität, es geht also!“
Mit den klimapolitischen Forderungen der Linken, die vor allem auf einen Ausbau des Nahverkehrs, auf Bahn und Fahrrad setzt, hat das nicht viel zu tun. Trotzdem hat ihn die Bundestagsfraktion nun für den Vorsitz des Ausschusses für Klima und Energie nominiert. Die Entscheidung fiel mit 23 zu 14 Stimmen klar für Ernst aus. Nicht wenige fragen sich, was die Genoss:innen im Bundestag da eigentlich treiben? Zumal sich der rüstige Ernst einst selbst gegenüber der taz als „eine Art Auslaufmodell“ bezeichnete.
Posten nach Loyalität vergeben
Die naheliegende Antwort lautet, dass das von Fraktionschef Dietmar Bartsch geschmiedete Mehrheitsbündnis nun mal so funktioniert: Wichtige Posten – der Klimaausschuss als einziger, den die Linke führen darf – werden nach Loyalität vergeben. Und Ernst liegt in puncto Autofahren mit Bartsch, der auch gern aufs Gaspedal drückt, auf einer Wellenlänge.
Andererseits hat er der Fraktionsspitze aber auch laut widersprochen. Etwa wenn es um Sahra Wagenknecht ging und deren Umgang mit Kritik. „Eine andere Meinung zu haben ist doch kein Mobbing“, polterte Ernst. Im Zweifel stellt Ernst eigene Überzeugungen vor Parteidisziplin. 2004 prangerte er, damals noch als SPD-Mitglied, öffentlich die Agenda-Politik an. Und wurde aus der Partei geschmissen. Gemeinsam mit anderen Abtrünnigen gründete er die WASG, die später mit der PDS fusionierte.
2020 lud er Gerhard Schröder, inzwischen Gaslobbyist, in den Wirtschaftsausschuss ein und ließ ihn zu der in seinen Augen dringend benötigten Gaspipeline Nordstream2 befragen. Nicht nur Linke-Genossen fanden das befremdlich. Wenn Bartsch nun Ernst den Klimaausschussvorsitz anvertraut, dann vielleicht auch in der Hoffnung, dessen Renitenz zu zähmen.
Doch Ernst wird als Ausschussvorsitzender wohl weder die Positionen der eigenen Partei noch Entscheidungen der Fraktion verteidigen, die ihm gegen den Strich gehen. Er wird sein Ding machen. Und er fährt übrigens schon seit Jahren einen Audi.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen