Außenpolitik als Weltinnenpolitik: Macht was draus
Pandemie, Klima, Konflikte – viele Grenzen zwischen Innen- und Außenpolitik verwischen. Es wird Zeit für eine echte Weltinnenpolitik.
Ja, die Grenzen zwischen Innen- und Außenpolitik verwischen angesichts globaler Interdependenz. Eine durchgeimpfte Bevölkerung bringt wenig, wenn Covid-19 in anderen, weniger privilegierten Ländern mutieren kann und in neuer Form zurückkommt. Auch für den Klimaschutz bringen Insellösungen nicht viel, solange nicht die größten CO2-Emittenten mitziehen.
Daher ist es naheliegend, wenn die neue Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im taz-Interview betont, dass sie Außenpolitik als Weltinnenpolitik versteht. Diese Erkenntnis ist jedoch so alt, dass sie längst zu einem Allgemeinplatz geworden ist. Schon Karl Jaspers sprach davon, und das ist mehr als siebzig Jahre her.
Carl Friedrich von Weizsäcker hat das Konzept einer Weltinnenpolitik 1963 erstmals umrissen. Es verweist auf das Ziel, globale Fragen durch globale politische Institutionen möglichst demokratisch zu bearbeiten.
Die Grünen könnten in der Ampelkoalition mit Außenministerin Baerbock jetzt wirklich etwas daraus machen. Laut Koalitionsvertrag will sich die Ampel immerhin für eine „Stärkung“ der Vereinten Nationen einsetzen. Das könnte ein ausreichender Anknüpfungspunkt sein, denn Stärkung sollte mit Demokratisierung einhergehen.
Keine Ausreden mehr
Angesichts geopolitischer Konflikte und einem Erstarken autokratischer Macht sind die weltpolitischen Bedingungen nicht die Besten. Doch das kann nicht als Ausrede gelten.
Zur Entwicklung einer Weltinnenpolitik ist die Überwindung einer rein zwischenstaatlichen Diplomatie entscheidend. Hier kann Deutschland zusammen mit demokratischen Partnerländern Zeichen setzen. Sie könnten in der UNO Mehrheiten mobilisieren, um Abgeordnete, Zivilgesellschaft und die Menschen institutionell besser zu beteiligen. Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch.
Unter den vorherigen Außenministern wurden die zivilgesellschaftlichen Bemühungen für eine demokratischere UNO vom Auswärtigen Amt abgetan und ignoriert. Das wird sich mit der Ampel und Annalena Baerbock hoffentlich ändern.
Leser*innenkommentare
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Gast
„Falls du glaubst, dass du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist.“
Dalai Lama
Wovor sollte die Mücke also folgerichtig Respekt haben?!
Viel Glück Annalena, und bitte nicht zu übereifrig an die Sache rangehen, dann könnte es schnell nach hinten los gehen!
Liebrast
Welches Welt-Innen beackert wohl diese WWF-Kreatur schon vorzugsweise jetzt? Etwa das in Ägypten, Libyen, Israel, USA, England (Assange-Auslieferung) usw. ?
In den TAZ-Texten hier glüht m.E. kaum verhohlen die Begeisterung für ein humaneres "Innen" mit der US-Pudeldame doch wohl eindeutig nur westimperialistisch selektiv für die Humanisierung eines kriegerisch alsbald Nato-mäig zwangsweise zur kriegerischen "Humanisierung" ausersehenen Feind-Welt-Innen , oder?? Was auch wieder einmal höchstwahrscheinlich einem West-Dissidententext wie diesem blüht..!
Tiene Wiecherts
Warum hat Frau Baerbock nicht ehrlicherweise auch schon im Wahlkampf auf einer Flugzeug-Gangway posiert, um deutlich zu machen, dass all' die schönen Forderungen auf Verzicht - auch auf Flugreisen - halt nur für das gemeine Volk gilt und nicht für die Grünen PolitikerInnen?
Und dann fährt sie prestigeträchtig mit dem Zug von Paris nach Brüssel, obwohl ihr Flugzeug die gleiche Strecke fliegen muss, damit sie darin in Brüssel wieder einsteigen kann.
pitpit pat
Jetzt habe ich doch glatt 'Welt*innenpolitik' gelesen und 'ne gute halbe Minute darüber nachgedacht, ob das Sinn macht.
Winnetaz
@pitpit pat Ministerinnen und Ministeraußen machen Weltinnen- und -außenpolitik.