Führungskrise bei Bio-Modemarke: Topmanagerin verlässt Hess Natur
Geschäftsführerin Andrea Ebinger hat die FairFashion-Marke modernisiert. Die Gründe für ihren Abgang bei Hess Natur sind unklar.
In ihrem LinkedIn-Beitrag dankt Ebinger dem FairFashion-Anbieter. Gemeinsam habe man es geschafft, das Unternehmen zum FairFashion-Marktführer auszubauen. „Aus einem katalogbasierten Textilversender wurde ein führender E-Commerce-Player nachhaltiger Mode“, lobt Ebinger die eigene Arbeit.
Die Managerin hat das 1976 gegründete Unternehmen, das vor fünf Jahren noch mit schwindendem Umsatz und Personalabbau zu kämpfen hatte, aus den roten Zahlen geführt. Daher kommt der Personalwechsel auch für die Branche überraschend. Im Geschäftsjahr 2020/21 erzielte das Unternehmen mit Sitz im hessischen Butzbach bei Frankfurt ein Umsatzplus von 30 Prozent auf 110 Millionen Euro. Größter Wachstumsfaktor: der E-Commerce. Dort erwirtschaftet Hess Natur den überwiegenden Teil seiner Umsätze. Als Ebinger 2016 in das Unternehmen kam, lag der Fokus auf dem Verkauf über den Printkatalog.
Mittlerweile hat Hess Natur gut 350 Mitarbeiter:innen, etwa so viel wie vor dem Personalabbau vor fünf Jahren. Die Gründe für das Wachstum sieht das Unternehmen vor allem in der Neuaufstellung der Marke. Ebinger ist 2016 in der Managementebene in das Unternehmen eingestiegen und wurde ein Jahr später Geschäftsführerin. Unter ihr hat Hess Natur sich von seiner Business-Kleidung und Recyclingpolyester-Mode verabschiedet. Stattdessen konzentriert sich das Unternehmen wieder auf Naturmaterialien in Bioqualität wie Wolle und Alpaka.
Corona hat Online-Handel befeuert
Gleichzeitig profitiert Hess Natur vom coronabedingten stark beschleunigten Wachstum des Onlinehandels. Laut Bundesverband E-Commerce haben Verbraucher:innen online im Jahr 2020 für 21,2 Milliarden Euro Bekleidung und Schuhe gekauft. Das entspricht einem Wachstum von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Derzeit sieht es so aus, als würde sich dieses Wachstum auch 2021 fortsetzen: Allein im ersten Halbjahr ist der Onlinemarkt laut dem Bundesverband um 19 Prozent gewachsen. Hinzu kommt, dass Wandern und Co. vor allem seit der Pandemie stark im Trend liegen. Hess Natur bedient dieses Segment mit seiner Outdoor-Kleidung.
Die bisher erfolgreiche Strategie wolle Hess Natur auch ohne Eblinger weiterführen, sagt eine Sprecherin des Unternehmens der taz. Bis ein:e Nachfolger:in gefunden ist, rückt Reiner Pichler aus dem Beirat in die Geschäftsführung auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein