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Bericht der Weltwetterorganisation WMODer Amazonas kippt

Teile des Regenwaldes sind laut der Weltwetterorganisation WMO keine Kohlenstoffsenke mehr. Vielmehr würden sie nun zur Klimakrise beitragen.

Brennender Regenwald in Brasilien im September 2021 Foto: Bruno Kelly/reuters

Genf taz | Bisher galt beim Klima die Gewissheit: Autos oder Kraftwerke stoßen Kohlenstoffdioxid (CO2) aus und tragen damit zur Erderwärmung bei, Wälder wandeln das Treibhausgas in Sauerstoff um und entlasten so das Klima. Für den Amazonas gilt diese Gewissheit nun nicht mehr.

Der Südosten des Regenwalds in Südamerika hat sich von einer Kohlenstoffsenke zum Nettoemittenten gewandelt. Das teilte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) am Montag in Genf mit und bezieht sich dabei auf atmosphärische Messungen zwischen 2010 und 2018.

Die Aufnahmekapazität des größten Regenwalds der Welt als Ganzes sei damit signifikant reduziert, warnte die für Forschungsfragen zuständige Abteilungsleiterin der WMO, Oksana Tarasova. Dies sei besonders kritisch, weil Kohlenstoffsenken die Hälfte der Treibhausgase absorbierten und damit Voraussetzung dafür seien, die Pariser Klimaziele zu erreichen.

Als Grund für den dramatischen Wandel nannte Tarasova Abholzungen und teils künstlich gelegte Brände im brasilianischen Teil des Regenwalds. Der westliche Teil des Amazonas nehme seine Funktion als Senke aktuell noch wahr. „Wir können aber nicht sagen, wie lange noch.“

Neuer Höchstwert seit Beginn der Industrialisierung

Die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre nahm vergangenes Jahr weiter zu. Zwischen 2019 und 2020 stieg der Anteil von Kohlenstoffdioxid um 2,5 parts per million (ppm) oder 0,61 Prozent und damit ähnlich stark wie im Jahr zuvor. In 2020 betrug der CO2-Anteil in der Atmosphäre demnach 413,2 ppm und damit knapp eineinhalb mal so viel wie vor Beginn der Industrialisierung im Jahr 1750, ein neuer Höchstwert.

Die Covidpandemie habe keinen dämpfenden Effekt auf den Ausstoß des wichtigsten Treibhausgases gehabt, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Der Anteil von Methan in der Atmosphäre stieg auf 262 Prozent, der von Lachgas auf 123 Prozent des Niveaus von 1750. Methan ist 25-, Lachgas sogar 300-mal klimaschädlicher als CO2, das für zwei Drittel der Erderwärmung verantwortlich ist. Letzteres braucht zudem Jahrhunderte, bis es wieder abgebaut wird.

Die Zahlen enthielten eine klare wissenschaftliche Botschaft für den Klimagipfel in Glasgow, so Taalas: „Wenn der Treibhausgasausstoß ungebremst weitergeht, dann werden wir am Ende dieses Jahrhunderts eine Temperaturzunahme sehen, die weit über die in Paris vereinbarten 1,5 bis 2 Grad hinausgeht.“ Eine vergleichbare Konzentration von CO2 auf der Erde habe es zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren gegeben, als die Erde zwischen zwei und drei Grad wärmer gewesen sei. „Damals lebten aber keine 7,8 Milliarden Menschen auf der Erde“, sagte Taalas.

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4 Kommentare

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  • Einerseits in Brasilien/Indonesien : Schnell abgeholzt oder einfach niedergebrannt - dann Soja und Mais drauf.



    Anderseits in westl. Habitaten: mit Klopapier und Küchenrolle der Marke "Gedankenlos & Superweiß" abgewischt und Megaschnitzel von "Glückshof" reingemampft.



    Ihr Bolsonaros habt ganz offensichtlich alles richtig gemacht!

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Man hat dem Werk des Verbrechers Bolsonaro tatenlos zugesehen. Schlimmer noch, die Geschäfte mit Brasilien wurden einfach weitergeführt.



    Keine Sanktionen, obwohl die bitter nötig wären.



    Dafür ist die Presse dann voll mit Artikeln zu Nawalny - der Gegner des Erzfeindbildes.



    Man weiß nicht, ob man lachen oder heulen soll über so viel Unfähigkeit der deutschen/eurpopäischen Politik.

  • Öhm, u.U. gibt's neue Einsichten, die ich verpasst habe, aber mW ist der Einfluss von Methan deutlich *stärker*, allerdings ist es auch kurzlebiger. Das hat dazu geführt, dass es jahrelang nicht ordentlich modelliert und sein Einfluss unterschätzt wurde.

  • Das macht echt wütend.