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Emder Drehbuchpreis 202110.000 Euro für „Sisterhood“

Der Emder Drehbuchpreis gehört zu den höchstdotierten in Deutschland. Das Rennen machte „Sisterhood“ von Ines Berwing und Maximilian Feldmann.

Ines Berwing und Maximilian Feldmann, Gewinner des Emder Drehbuchpreises 2021 Foto: Ernst Weerts/Filmfest Emden

Das Internationale Filmfestival Emden/Norderney hat auch in seinem 31. Jahr immer noch was von einem Geheimtipp. Das liegt vor allem an seiner so gar nicht großspurigen Art und an der offenen Atmosphäre, mit der in Emden Publikumsfestival und Fachevent gelebt werden. Das gilt erst recht für den Emder Drehbuchpreis. Der ist mit 10.000 Euro für das Gewinner-Buch zwar einer der höchstdotierten der Republik und kann dem bei der Berlinale verliehenen Deutschen Drehbuchpreisen mehr als das Wasser reichen.

In Emden bleibt man bescheiden, und ist dafür aber unglaublich erfolgreich: Von den in Emden ausgezeichneten und nominierten Büchern schaffen es so ziemlich alle auf die Leinwand beziehungsweise ins Fernsehen. Was vielleicht auch damit zu tun hat, dass die Preisjury von den Ma­che­r*in­nen des Grimme-Preises berufen wird.

Beim diesjährige 16. Durchgang machte „Sisterhood“ von Ines Berwing und Maximilian Feldmann das Rennen. Es geht um die 16-jährige Valentina, ein Roma-Mädchen aus Mazedonien, das zwischen eigener Identität und dem Sehnsuchtsort Deutschland hin- und hergerissen ist. „Sisterhood“ sei eine „außergewöhnliche Emanzipationsgeschichte“, urteilt die Jury in ihrer Begründung. „Komplex, mitreißend und berührend zeichnet das Buch ein differenziertes Bild und leuchtet die Ängste und Nöte aller Beteiligten aus. Der Fokus bleibt aber ganz klar auf Valentina gerichtet, eine junge Rebellin, die ihren eigenen Kopf hat, ihre Vorstellung vom Leben, eigene Träume. Und das in einer Gesellschaft, die das für Mädchen und Frauen nicht vorgesehen hat.“

Ebenfalls nominiert waren die Bücher „James“ von Natascha Bub und Marcel Gisler sowie „Grüße vom Mars“ von Sebastian Grusnick und Thomas Möller. „James“ erzählt aus dem Leben des US-amerikanischen Schriftstellers James Baldwin, der aufgrund seiner Hautfarbe und sexuellen Orientierung mit gesellschaftlichen Widerständen zu kämpfen hatte, die bis heute nachwirken. „Grüße vom Mars“ ist einer der beim Drehbuchpreis eher seltenen Stoffe für Kinder. Hier geht es um die Herausforderungen des 10-jährigen Tom, der keine Veränderungen mag, aber unerwartet zu seinen Großeltern aufs Land ziehen muss.

Auswirkungen durch Corona

Für die Nominierung gibt es in Emden nochmals je 1.000 Euro Preisgeld. Gestiftet übrigens von Jakob Weetz, einem Emdener Speditionsunternehmer, der vor ein paar Jahren mal eben locker einsprang, als der frühere Hauptsponsor Reißaus genommen hatte. Und so wie die ganze Stadt Emden das Festival liebt, liebt mittlerweile der ganze Weetz-Clan den Drehbuchpreis. Während früher der Senior mit herrlich kurzen Ansprachen glänzte, war dieses Jahr die Schwiegertochter dran.

„Wenn alles zusammenkommt, glänzt Emden“, meint denn auch Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff, der wegen eines internationalen Kongresses allerdings ausgerechnet den Drehbuchpreis schwänzen musste.

Wobei 2021 pandemiebedingt alles anders war: Normalerweise ist das Festival im Juni und nicht im Oktober. Und weil der 2020er Durchgang wegen Corona komplett ausfiel, standen so 159 Drehbücher mit über 10.000 Seiten im Wettbewerb. 13 kamen auf die Shortlist, die von der Jury – die Schauspielerin Gisa Flake („Systemsprenger“), die Journalistin Kathrin Holmer und „Tatort“-Autor und Filmkomponist Stephan Brüggenthies und Grimme-Preis-Chefin Lucia Eskes – auf die letzten drei eingedampft wurde. Obwohl die Pandemie also höchst präsent war, fiel sie bei den Drehbüchern als Stoff (noch?) nicht ins Gewicht – „obwohl die Drehbücher insgesamt höchst aktuelle Themen aufgreifen“, sagt Vorjury-Leiterin Vivien Bender. „Corona war aber gar nicht so das Thema, sondern eher People of Color, Transsexualität und ganz allgemein Gesellschaftspolitik.“

Transparenzhinweis: Steffen Grimberg ist Vorsitzender des Grimme-Preis-Fördervereins. Mit den Entscheidungen über Nominierungen und Preise hat er nichts zu tun.

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