Grenzregion zwischen Polen und Belarus: Zynischer Machtpoker
Der Streit zwischen Polen und Belarus fordert erste Tote. Die EU darf dem grausamen Spiel nicht tatenlos zusehen, wenn sie neue Opfer verhindern will.
W enn es noch eines Beweises für den zynischen Machtpoker auf dem Rücken Wehrloser bedurft hätte, so ist er jetzt auf schreckliche Weise erbracht: Vier Menschen haben den Versuch, über die belarussisch-polnische Grenze nach Europa zu gelangen, mit ihrem Leben bezahlt. Dieses menschliche Drama spielt sich quasi in einer Blackbox und jenseits öffentlicher Aufmerksamkeit ab.
Nicht zufällig hat Polens nationalpopulistische PiS-Regierung über die Grenzregion den Ausnahmezustand auch deshalb verhängt, um Journalist*innen ihre Arbeit unmöglich zu machen. Dass sich Warschaus „christliche Nächstenliebe“ in der Flüchtlingsfrage „in Grenzen“ halten würde, war nicht anders zu erwarten. Schon in der Vergangenheit hat Polen im Gleichschritt mit Ungarn alles erfolgreich dafür getan, sich lästige Geflüchtete vom Leib zu halten.
Auch jetzt ist die Antwort eindeutig: Abschottung in Form von noch mehr Stacheldraht und Soldaten, um das Bollwerk Europa gegen unerwünschte „Eindringlinge“ abzuriegeln. Ja, nicht einmal Hilfsorganisationen werden vorgelassen, um die im Niemandsland Gestrandeten mit dem Nötigsten zu versorgen. Dabei spielt es offensichtlich keine Rolle, dass internationale Abkommen, wie die Genfer Flüchtlingskonvention, auf der Strecke bleiben und billigend in Kauf genommen wird, Hilfesuchende elend verrecken zu lassen.
Die EU macht sich derweil als teilnehmende Beobachterin eher einen schlanken Fuß. Sie arbeitet sich – zu Recht – vor allem an dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko ab, der bei seinem Rachefeldzug gegen Brüssel Geflüchtete als politische Waffe einsetzt und von seinem schändlichen Treiben nicht ablassen wird.
Die Anzahl Geflüchteter, die schon schon jetzt zu Dutzenden unter unmenschlichen Bedingungen an der Grenze ausharren müssen, wird weiter ansteigen. Genau aus diesem Grund werden kritische Worte und Lippenbekenntnisse nicht reichen. Vielmehr muss Brüssels Maxime lauten: Aufnahme jetzt! Sonst werden die vier Toten nicht die letzten Opfer gewesen sein.
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