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Coronahilfen für den Hamburger SVÜbertriebene Subvention

Kommentar von Finn Walter

Der HSV soll zehn Millionen Euro Coronahilfen kassiert haben. Warum? Staatsknete sollte es nur geben, wenn die Gehälter der Stars gedeckelt werden.

Guter für den HSV, teuer für die Stadt: der Verkauf des einst geschenkten Stadiongrundstücks Foto: dpa / Daniel Reinhardt

D ass der Hamburger SV wirtschaftlich nicht gerade solide aufgestellt ist, ist schon länger bekannt. Und während sich die Bosse des Fußball-Zweitligisten über die ihrer Meinung nach überzogenen Hygieneauflagen im Stadion beklagen, streichen sie auf der anderen Seite Millionen an Staatsknete ein.

Zuerst wären da 23,5 Millionen Euro von der Stadt Hamburg: Diese nämlich kaufte für diesen Betrag das Grundstück, auf dem das Volksparkstadion steht. Wohlgemerkt: das Grundstück, aber keineswegs das Stadion selbst. Noch dubioser an der ganzen Sache: Dem HSV hatte Hamburg nämliches Grundstück einst für eine symbolische D-Mark überlassen – ein ziemlich guter Deal also, wenigstens für eine beteiligte Seite.

Dieser Tage nun berichtete das Hamburger Abendblatt, dass der Verein nochmals zehn Millionen vom Bund kassierte: Da viele Fußballvereine der Ersten und Zweiten Liga ihre Profiabteilungen ja zu eigenständigen Unternehmen gemacht haben, können sie – wie andere Unternehmen auch – Corona-Überbrückungshilfen beantragen, wenn sie einen Umsatzeinbruch von 30 Prozent oder mehr verzeichnen.

Laut eigenen Angaben nahm der HSV durch die Coronakrise etwa 60 Millionen Euro weniger ein, von einem Umsatzeinbruch von rund 120 Millionen auf etwas mehr als 50 Millionen berichtet auch das Abendblatt. Zu tun hat das auch mit dem Abstieg in die Zweite Liga im Mai 2018: TV-Lizenzen werden in der Ersten Bundesliga einfach viel besser bezahlt.

In der Folge entwickelten sich die Ticketeinnahmen aus dem Volksparkstadion zu einer der wichtigsten HSV-Einnahmequellen. Weil das Stadion nun aber lange geschlossen blieb und die Plätze auch derzeit nur zu maximal 30 Prozent besetzt werden dürfen, bleibt hier weiterhin ein großes Finanzloch.

39 Millionen Gehaltskosten

Weder der HSV noch das Wirtschaftsministerium wollten die Zahlung von Coronahilfen bestätigen. Der HSV teilt lediglich mit, die Gehälter der Trainer und Spieler reduziert zu haben. Zu genauen Zahlen wolle man sich aktuell nicht äußern. Ein Blick in den Geschäftsbericht verrät, dass von Mitte 2019 bis Mitte 2020 über 39 Million Euro Gehalt flossen, eingerechnet ist dabei das Geld für 29 Profi- und 58 Amateurspieler sowie 208 sonstige Mitarbeiter:innen.

Dass ein Zweitligist sich solche Gehälter nicht mehr leisten kann, ist einleuchtend. Aber warum muss ausgerechnet der Staat einspringen? Am Ende zahlt die neuen Sportwagen der Profis der Steuerzahler, wenn nicht – wie in Hamburg wiederholt – ein Mäzen wie Klaus-Michael Kühne einspringt. Der Milliardär empörte sich aber zuletzt munter über das HSV-Management.

Und es ist ja nicht so, als hätte der Fußball nicht sowieso eine Sonderbehandlung in der Pandemie bekommen: Kaum etwas störte die Deutschen so sehr wie Geisterspiele oder Alkoholverbote im Stadion. Während viele Menschen um ihren Job bangten, feierten Profifußballer auf Partys oder chillten im privaten Friseursalon. Währenddessen entwickelten sich Trainer und Vereinsgranden zu Virologen und spielten die Ansteckungsgefahr bei Spielen hinunter. Das alles fand seinen krönenden Abschluss in der Fußball-EM, die zur Verbreitung der Delta-Variante auf dem Kontinent das Ihre beitrug.

Warum nicht Staatshilfen an ein Maximalgehalt für Spieler knüpfen? Jeder Verein, der Millionen bekommen möchte, darf einem Star nur noch ein Jahresgehalt von, sagen wir: 100.000 Euro zahlen. Und sollte der von diesem Hungerlohn dann nicht mehr leben können, kann er ja mit Hartz IV aufstocken. Mal sehen, ob sie auf dem Volkspark-Rasen dann einen Betriebsrat gründen. Bis dahin werden wir uns um den HSV wohl keine Sorgen machen müssen. Irgendjemand wird ihn retten – und wenn nicht, dann eben der Staat. Ohne Fußball geht einfach nichts in diesem Land.

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5 Kommentare

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  • taz: "Aber warum muss ausgerechnet der Staat einspringen? Am Ende zahlt die neuen Sportwagen der Profis der Steuerzahler."

    Die obige Frage ist doch leicht zu beantworten. Es geht um Panem et circenses (Brot und Zirkusspiele). Das hat schließlich schon im alten Rom funktioniert um die Massen zu beruhigen. Fußballveranstaltungen und andere Großveranstaltungen werden in naher Zukunft wohl auch keinen Eintritt mehr kosten, und jeder Zuschauer bekommt am Eingang noch gratis eine Bratwurst und ein Bier. Wenn die sozialen "Verwerfungen" in naher Zukunft noch zunehmen, dann muss man die Bürger schließlich beschäftigen, sonst fangen die womöglich noch an zu denken - und das möchte man natürlich nicht. Der schöne Satz der Aufklärung von Immanuel Kant aus dem 18. Jahrhundert „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ birgt nämlich eine Gefahr für die Mächtigen und Reichen in diesem Land.

    „Dem Sport ist zu allen Zeiten und vor allem von allen Regierungen aus gutem Grunde immer die größte Bedeutung beigemessen worden. Er unterhält, benebelt und verdummt die Massen.“ [Thomas Bernhard, 1931-1989, Schriftsteller]

  • Und wie sollte der Verein eine solche Absenkung des Gehalts vertragsrechtlich durchsetzen? Der Anspruch auf Zahlung des Gehalts bleibt bestehen; Corona hin, Corona her.

    • @DiMa:

      Komisch bei anderen Vereinen war genau DAS möglich. Weil man zusammen in einem Boot saß.



      Das man einfach Geld vom Staat abruft, haben ja andere auch schon gezeigt und das der Staat da völlig dumm vorgeht und sich keine Anteil an den jeweiligen Unternehmen sicherte ist grob fahrlässig.

      aber wer Geld braucht muss nun mal die Parameter die dafür gestellt werden akzeptieren. Sonst hätte ja der HSV, TUI, Lufthansa und Co. auch ihre sonstigen Investoren fragen können, ob die Geld liefern, da wäre der Aktienkurs dann aber bei den beiden letztgenannten es zur Kursstürzen geführt hat.

      Btw. als HartzIV-Empfänger, Aufstocker, TZ-Arbeiter, Student, etc. muss man auch die Kriterien des Amtes akzeptieren. Und wird von Dir auch immer eingefordert. Und sollen die jetzt auch einfach alles nebenbei dürfen etc.? Da weht die Fahne wieder im Wind...

      • @Daniel Drogan:

        Echt? In welchen Vereinen den?

        Barca ist wohl ein schlechtes Beispiel, da die Schulden des Vereins schon vor Corona angesammelt worden waren.

        • @DiMa:

          Naja statt Kürzung, sollten Sie mal nach "verzichten" googlen, dann werden sie recht schnell fündig.