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Bischofskonferenz in FuldaReförmchen reichen nicht

Nina Apin
Kommentar von Nina Apin

Die bisherigen Instrumente der Katholischen Kirche gegen sexualisierte Gewalt reichen nicht aus. Dafür muss sie sich noch an anderen Punkten bewegen.

Protestplastik „Der Hängemattenbischof“ von Jacques Tilly vor dem Dom in Fulda Foto: Sebastian Gollnow/dpa

B ei ihrer Vollversammlung in Fulda müssen die katholischen Bischöfe jetzt Farbe bekennen: Wollen sie wieder ein paar Reförmchen beschließen, die niemanden zufriedenstellen? Oder wirklich Schluss machen mit der jahrhundertelangen Duldung und Vertuschung sexueller Übergriffe an Kindern und Heranwachsenden? Im letzteren Fall dürften die vier anberaumten Konferenztage kaum ausreichen.

Denn es sind viele Tausend Menschen, die von sexueller Gewalt durch Geistliche und Angestellte der Kirche betroffen sind und denen bislang vor allem Missachtung und Arroganz entgegengebracht wurde. Um ihnen nur ansatzweise Genüge zu tun, braucht es mehr als neue Melde-Richtlinien für Dienstherren und Rahmenvereinbarungen für Entschädigungszahlungen. Solche Regeln gibt es bereits, auch eine „Unabhängige Kommission“ für Anerkennungsleistungen.

Doch diese Instrumente funktionieren nicht – ihre Handhabung ist so unterschiedlich wie das Bewusstsein für das Thema in den jeweiligen Diözesen. Nur in wenigen Bistümern, wie etwa in Paderborn oder Osnabrück, wird die Aufarbeitung wirklich kirchenunabhängig von Universitäten durchgeführt und von Betroffenen aktiv begleitet.

Anderswo folgt man eher der unentschiedenen Haltung in Rom: Papst Franziskus, der sich mit starken Worten für die Aufarbeitung von Missbrauchsskandalen aussprach, scheut im Konkreten Konsequenzen: Er beließ Kardinal Marx in München-Freising sowie die Bischöfe Woelki in Köln und Heße in Hamburg im Amt – trotz deren nachgewiesener Vertuschung von Taten.

Die Frage ist also, ob die deutschen Bischöfe es diesmal ernst meinen mit der Verantwortung und bereit sind, einen deutschen Sonderweg zu gehen. Das aber hieße, auch die anderen Punkte mit Reformwillen anzugehen, die in Fulda auf der Tagesordnung stehen: die Stellung der Frau in der Kirche, die kirchliche Sexualmoral, der Umgang mit Macht und der Zölibat. Erst wenn sich die katholische Kirche auch an diesen Punkten bewegt, wird sich der Schutz von Kindern und Frauen vor sexualisierter und spiritueller Gewalt verbessern.

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Nina Apin
Redakteurin Meinung
Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.
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3 Kommentare

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  • 3G
    32533 (Profil gelöscht)

    Wie es sich für einen Agnostiker gehört, liegt mein Hauptaugenmerk nicht gerade darauf, mir Gedanken über die Zukunft der Amtskirchen zu machen.

    Wie ihre Geschichte zeigt, haben sie im Laufe der Jahrhunderte wenig bis nichts dazugelernt. Sie sind deshalb als INSTITUTIONEN für mich obsolet, so notwendig wie Zahnschmerzen.

    Anders verhält es sich mit GLAUBEN. Menschen, die glauben, soll Raum gegeben werden, ihren Glauben freiwillig ohne Zwänge zu leben.

    Schon daher sind für mich KIRCHEN und GLAUBE zwei getrennte Dinge, die nur noch künstlich und/ oder aus Gewohnheit zusammengehalten werden.

    Ich selbst bin Mitglied einer Kirche. Der Kirche des fliegenden Spaghettimonsters. ARGH.

  • 1G
    14390 (Profil gelöscht)

    „Er beließ Kardinal Marx in München-Freising sowie die Bischöfe Woelki in Köln und Heße in Hamburg im Amt…“

    Ein wenig mehr Genauigkeit bei den Formulierungen wäre schön: nicht nur Kardinal Marx gehört dem Kardinalskollegium an, auch Kardinal Woelki gehört zu den Purpurträgern. Alle drei sind zudem Erzbischöfe, nicht „nur“ Bischöfe.

    „Die Frage ist also, ob die deutschen Bischöfe es diesmal ernst meinen mit der Verantwortung und bereit sind, einen deutschen Sonderweg zu gehen.“

    Das wird nicht passieren. Was der Autor fordert ist nichts anderes, als die Trennung der römisch-katholischen Kirche von Mutter Rom. Einen derartigen Schritt würde die Masse der Gläubigen auch nicht mitgehen, es käme also zu einer Kirchenspaltung in Deutschland. Die Mobilien und Immobilien verblieben dann beim romtreuen Teil der römisch-katholischen Kirche, Priester, Bischöfe und Angestellte der römisch-katholischen Kirche dürften ihre Pensions-/Rentenansprüche verlieren.

    • @14390 (Profil gelöscht):

      "Was der Autor fordert" Nina Apin ist eine Autorin!