Olaf Scholz vor Finanzausschuss: Viel Getöse mit wenig Substanz

Kurz vor der Wahl beschäftigt sich der Finanzausschuss mit der umstrittenen Geldwäsche-Spezialeinheit. Überraschend erschien Olaf Scholz persönlich.

Olaf Scholz spricht

Olaf Scholz spricht nach der Anhörung mit Jour­na­lis­t:in­nen Foto: Michele Tantussi/reuters

BERLIN taz | Die Hauptperson schlich sich durch die Hintertür in den Sitzungssaal E 400 im Bundestag. Finanzminister Olaf Scholz, SPD, wollte den wartenden Journalisten vor Beginn der Sondersitzung des Finanzausschusses am Montag offenkundig entgehen.

Dabei hatten wohl weder Union noch Opposition mit einem persönlichen Auftritt des Ministers gerechnet. Als Scholz schon da war, drohte die CDU-Abgeordnete Antje Tillmann noch mit einer Zwangsvorführung des Kanzlerkandidaten, indem Sitzungsinhalte als „geheim“ deklariert werden könnten. Das hätte eine alternativ geplante virtuelle Anhörung des Kanzlerkandidaten unmöglich gemacht.

Doch Scholz hatte stattdessen eine Reihe von Wahlkampfterminen abgesagt und sich den Fragen des Ausschusses gestellt. Vordergründig ging es um Vorwürfe in Zusammenhang mit der ihm unterstellten Anti-Geldwäsche-Einheit Financial Intelligence Unit (FIU).

Die zum Zoll gehörende Behörde soll Hinweise auf Terrorfinanzierung nicht rechtzeitig an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben haben. Kürzlich durchsuchte die Staatsanwaltschaft deshalb sogar das Finanzministerium. Die FIU hat schon im Fall des Pleitekonzerns Wirecard versagt. Von 34 Verdachtsmeldungen in Zusammenhang mit Wirecard blieben nach Angaben des CSU-Abgeordneten Hans Michelbach 32 unbearbeitet. „Die Geldwäschebekämpfung ist ein Skandal“, wirft er Scholz vor.

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Der Minister hingegen blieb seiner Linie treu und wies die Vorwürfe zurück. Er habe die Zahl der FIU-Beschäftigten deutlich von 100 auf bald 700 erhöht. Die Verfolgung von Geldwäsche sei die beste der vergangenen 30 Jahre. Die Zahl der Verdachtsmeldungen werde weiter zunehmen.

Schützenhilfe bekam Scholz vom SPD-Abgeordneten Jens Zimmermann. Der schob Scholz’ Vorgänger Wolfgang Schäuble die Schuld in die Schuhe, der die FIU einst beim Zoll eingerichtet hatte und ihr dabei keine größeren Ressourcen zugebilligt hat. „Er hat einen Scherbenhaufen hinterlassen“, sagt Zimmermann.

Mehr als Wahlkampfgetöse kam bei der Sondersitzung nicht heraus. Inhaltlich geht es um sehr komplizierte Zusammenhänge. Deutschland gilt als Geldwäscheparadies. Die FIU sollte den Kampf dagegen aufnehmen. Doch bei rund 150.000 Verdachtsmeldungen im Jahr kommt die Einheit mit der Sichtung der einzelnen Fälle nicht hinterher. Auch hapert es am Austausch mit den Staatsanwaltschaften. Ermittler wollten die Unterlagen zu einem Verdachtsfall einsehen und starteten deshalb die Durchsuchung des Finanzministeriums, ein bisher einmaliger Vorgang.

Pikant am Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist, dass der Chef der zuständigen Staatsanwaltschaft ebenso wie die zuständige Justizministerin in Niedersachsen der CDU angehören. Die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe mutmaßt, dass die Union die Staatsanwaltschaft für ihren Wahlkampf missbrauche. Die Partei bestreitet diesen Vorwurf.

Scholz ließ die Anwürfe zwar wie so oft an sich abprallen. Doch wie wichtig ihm der Kampf gegen Geldwäsche im Arbeitsalltag ist, zeigt ein kleines Detail der Sitzung. Geladen war auch der Chef der FIU, Christof Schulte. Ihn traf der Minister an diesem Montag das erste Mal persönlich.

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