Streit um Bauprojekt der Sparkasse: Bank versus Bäume
Die Hamburger Sparkasse will auf dem Alsenplatz in Hamburg-Altona „bezahlbaren Wohnraum“ schaffen. Doch Anwohner*innen wehren sich.
Unweit des Holstentores, wo der Doormannsweg und die Eimsbütteler Straße ineinanderfließen, soll das Gebäude entstehen. Mit 68 Wohnungen für Auszubildende möchte die Bank junge Menschen ins Unternehmen locken. Nicht benötigter Wohnraum soll wiederum an Auszubildende anderer Betriebe vermietet werden.
Das Grundstück befand sich bis zur Vergabe durch die zuständigen Gremien in Stadthand. Der Kaufvertrag zwischen Bank und Stadt wurde bereits Anfang 2020 geschlossen. Die knapp 1.100 Quadratmeter der Fläche befinden sich in exponierter Lage, die Mieten westlich des Stadtkerns steigen. Die 140 Azubis sollen pro Kopf nur 235 € bezahlen. Bezahlbarer Wohnraum also – allerdings nur für Menschen mit dem richtigen Arbeitsvertrag. Strittig ist der Neubau jedoch nicht nur deshalb.
Anwohner:innen erfuhren erst zwei Tage vor der Veröffentlichung der Baupläne im September vergangenen Jahres vom Projekt vor ihrer Haustür. Die Initiative „Green Alsenplatz“ protestiert seitdem gegen die Errichtung des sechsstöckigen Gebäudes. Eva Börger, die sich für die Initiative engagiert, ist wütend: „Wir fühlen uns übergangen, ignoriert und nicht ernst genommen.“ Insbesondere von den Grünen seien die Mitglieder enttäuscht. Denn mit der Zustimmung für diesen Bau und den dafür notwendigen Baumfällungen widersprächen sie ihrem politischen Grundgedanken von Umwelt-, Klimaschutz und dem Erhalt von Hamburgs Grün. Zudem habe ein offener Austausch mit den Verantwortlichen nicht stattgefunden.
Wolfgang Ziegert, Die Linke
Die Initiative fordert die Einhaltung des erst 2019 geschlossenen Vertrags „Hamburgs Grün erhalten“. Die meisten der 30–70 Jahre alten Bäume müssten dem Neubau zum Opfer fallen. Dies hätte nicht nur Auswirkungen auf die letzte verbleibende „grüne Lunge“ des Quartiers und dessen Luftqualität, erzählt Börger. Durch die Versiegelung dieser Freifläche könne das Regenwasser bei Starkregen nicht mehr abfließen.
Christian Trede ist Sprecher für Stadtentwicklung der Grünen-Bezirksfraktion Altona – die stärkste in der Bezirksversammlung. Die Stadt war für das Vorhaben auf die Zustimmung des Bezirks angewiesen. Trede verstehe die Sorgen, entgegnet aber: „Für die stadträumliche Qualität ist der Bau ein Gewinn.“ Heute sei der Alsenplatz vornehmlich ein Parkplatz, einen Kaffee wolle man dort nicht trinken. Zudem sei ein sechsstelliger Betrag zur vegetativen Gestaltung des Geländes bewilligt worden.
Der Neubau schütze besser vor Lärm und für die Entwässerung könnten – wenn nötig – sogenannte „Rigolen“ eingesetzt werden, also Pufferspeicher, die unterirdisch verbaut werden. Schlussendlich entstehe am Alsenplatz bezahlbarer Wohnraum: „Das finden wir unterstützungswert“, so Trede.
„Bezahlbarer Wohnraum ist nötig,“ sagt Wolfgang Ziegert von der Linken. Mit Wohnungsbau eines Privatinvestors wie der Haspa könne soziale Ungleichheit jedoch nicht gemindert werden. Er habe dem Bauantrag nicht zugestimmt: „Es geht hier nicht um Wohnumfeldverbesserung. Die Haspa möchte Geld machen.“ Gemeinwohlorientierte Bauprojekte müssten in Kooperation mit beispielsweise der Saga oder einer Wohngenossenschaft geplant werden.
Stefanie von Carlsberg, Sprecherin der Haspa, ist anderer Meinung: „Rein unter finanziellen Aspekten ließe sich ein solches Vorhaben gar nicht verwirklichen.“ Das Unternehmen handele sehr wohl im Sinne des Gemeinwohls. Die Haspa unterstütze die Stadt, jungen Menschen bezahlbaren Wohnraum zu bieten. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten solle das Gebäude „ein Zeichen setzen“. Begrünung, Photovoltaik und ein Bienenstock auf dem Dach sollen dabei helfen.
Die Ini „Green Alsenplatz“ und mit ihr Eva Börger kämpfen weiter: „Wir bleiben dran, denn jede unbebaute Fläche muss erhalten bleiben.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen