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50 Jahre BAföGKrankes Geburtstagskind

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Vor allem die Union hat das BAföG böse vernachlässigt. Und die SPD, deren Kanzlerkandidat das Finanzministerium führt, hat es zugelassen.

1982: Demo von Studierenden für die Beibehaltung der BAföG-Sätze Foto: Imago

H erzlichen Glückwunsch, liebes BAföG! Das Bundesausbildungsförderungsgesetz ist am 1. September 50 Jahre alt geworden. Ein gutes Alter, eigentlich, doch dem BAföG geht’s nicht gut. Es ist siech und ausgezehrt und daran ist die Große Koalition schuld. Als sie vor acht Jahren die Arbeit aufnahm, gab es noch doppelt so viele Studierende, die BAföG bezogen.

Derzeit sind es nur noch 300.000, gerade mal 11 Prozent aller Studierenden, die ihr Studium ganz oder teilweise mit der Förderung finanzieren, die zur Hälfte als Zuschuss, zur Hälfte als zinsloses Darlehen gewährt wird. Als das BAföG 1971 – übrigens als Vollzuschuss – unter der sozialliberalen Koalition von Willy Brandt eingeführt wurde, erreichte es noch 44 Prozent der Studierenden. Es sollte vor allem jenen die Wahl eines Studiums erleichtern, deren Eltern keine Aka­de­mi­ke­r:in­nen waren, jungen Leuten also, die nicht einfach fünf Jahre Soziologie studieren konnten.

Diese Lenkungswirkung kann es längst nicht mehr entfalten. Zu starr sind die Altersgrenzen (maximal 30 für Studienanfänger:innen), zu niedrig die Einkommen der Eltern angesetzt, die den Anspruch festlegen, zu mickrig die Sätze. Selbst wer den Höchstsatz in Höhe von 861 Euro bekommt, muss in Großstädten mehr als die Hälfte allein für Miete ausgeben.

Vor allem die Union, die seit 16 Jahren das Bildungsministerium besetzt, hat das BAföG böse vernachlässigt. Und die SPD, deren Kandidat in dieser Legislatur das Finanzministerium führt, hat es zugelassen.

Wenn die Sozialdemokraten jetzt Besserung geloben und eine „echte“ BAföG-Reform versprechen, dann wird das wohl nur in einem anderen Team gehen. Die Gemeinsamkeiten springen ins Auge. SPD, Grüne und Linke wollen BAföG-Sätze und Einkommensgrenzen anheben, alle drei streben die Rückkehr zum Vollzuschuss an. Die CDU aber will das BAföG lediglich im bestehenden Rahmen reformieren, die FDP elternunabhängige 200 Euro an alle Studierenden verteilen.

Man wünscht dem BAföG zum 50. Geburtstag eine Linksrutschkur. Und baldige Genesung.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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1 Kommentar

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  • „Man wünscht dem BAföG zum 50. Geburtstag eine Linksrutschkur. Und baldige Genesung. “



    Stimme Ihnen zu. Ich bedaure die heutigen StudentInnen, die ohne Nebenjob ihr Studium nicht finanzieren können.



    Ich bekam 1979 1050 DM BAfög, an Miete zahle ich 180 DM, konnte unbeschwert leben und studieren.