Evakuierung aus Afghanistan: Letzter Aufruf am Flughafen Kabul
Die private „Luftbrücke Kabul“ wirft dem Auswärtigen Amt vor, die Rettung von Afghanen „aktiv blockiert“ zu haben. Das Haus von Minister Maas widerspricht.
Den einen Konvoi hatte die DHL organisiert. In den Bussen saßen 147 Menschen, unter anderem ehemalige afghanische Mitarbeiter*innen des Transportunternehmens, die im Auftrag der Bundesregierung tätig gewesen waren. Den anderen Konvoi hatte die private Initiative „Luftbrücke Kabul“ auf die Beine gestellt. 189 Menschen hat sie auf den Flughafen gebracht. Die USA haben die Passagiere beider Konvois mittlerweile ausgeflogen.
Es war Rettung in allerletzter Minute. Nach dem Abzug der Bundeswehr und anderer Nationen fliegt die US-Luftwaffe noch letzte Menschen aus Kabul aus, spätestens am Dienstag wird es aber auch damit vorbei sein. Wer es bis zum Wochenende nicht bis in den Flughafen geschafft hatte, hatte eigentlich kaum noch eine Chance auf einen Flug aus dem Land.
Dass ausgerechnet die private Luftbrücken-Initiative noch Busse auf das Gelände steuern konnte, ist da eine Überraschung. Organisationen wie Sea-Watch und verschiedene Flüchtlingsräte hatten das Projekt getragen. Mit Spendengeldern charterte die Initiative vergangene Woche ein Flugzeug, um zusätzlich zur militärischen Luftbrücke bedrohte Menschen aus dem Land zu holen. Unter anderem standen Ex-Mitarbeiter*innen deutscher Medien auf ihrer Liste.
Allerdings gestaltete sich die private Evakuierung schwierig. Bis Samstag sah es so aus, als ob der Versuch beinahe komplett gescheitert sei. Auf ihrer Homepage macht die Luftbrücke der Bundesregierung heftige Vorwürfe. Das Auswärtige Amt habe die Rettungsaktion „aktiv blockiert“, heißt es dort.
Kein Durchkommen ohne Konvoi
Dabei hatte es das Charterflugzeug der Initiative am vergangenen Mittwoch durchaus nach Kabul geschafft. Auf dem Weg dorthin hatte die Bundesregierung unbestritten Unterstützung geleistet. Heiko Maas setzte sich laut der Luftbrücke persönlich dafür ein, dass der Flug stattfinden kann. Die Bundesregierung besorgte dem Flugzeug ein Funkrufzeichen der Nato, damit es auf dem militärischen Teil des Flughafens landen konnte.
Das größte Problem – auch für die staatlichen Evakuierungsmissionen – war es in der letzten Woche aber, Passagiere durch die Stadt, die Checkpoints der Taliban und die Kontrollen des US-Militärs auf den Flughafen zu befördern. Über die Flughafentore war zuletzt kaum noch ein Durchkommen, unter anderem wegen der schlechten Sicherheitslage. Die Luftbrücken-Initiative fragte deshalb die Botschaft Katars an, ob sie einen gesicherten Konvoi für die designierten Passagiere des Charterflugs organisieren könne. Katar, das stabile Beziehungen zu den Taliban unterhält, war damit in früheren Fällen erfolgreich.
Die Kataris sagten offenbar zu. Der geplante Konvoi mit rund 170 Passagieren kam am Mittwoch dennoch nicht zustande. Laut Luftbrücke, weil sich die Bundesregierung „weigerte, eine E-Mail zu schreiben, um den Transport freizugeben“. Gemeint ist offenbar die Bestätigung, dass Deutschland die Menschen aufnehmen und auch selbst ausfliegen würde, falls es mit der Chartermaschine doch nicht klappt.
Charterflug hielt man eher für unnötig
Am Ende hob das Flugzeug am Mittwochabend mit lediglich 18 Passagieren an Bord ab: Ortskräfte der portugiesischen Regierung, die bereits auf dem Flughafen waren, für die die Portugiesen bis dahin aber noch keinen Flug hatten organisieren können.
Scheiterte der Transport der übrigen 170 tatsächlich am Unwillen der Bundesregierung? Im Auswärtigen Amt weist man die Vorwürfe von sich. Man habe der Initiative schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass der Flaschenhals nicht in der Flugkapazität liege, sondern im Zugang zum Flughafen, heißt es aus dem Ministerium.
Sprich: Den Charterflug an sich hielt man dort eher für unnötig. Dennoch habe man der Initiative „jede erbetene Unterstützung geleistet, wo immer es uns faktisch möglich war, bis hin zu persönlichen Unterstützungsschreiben von Außenminister Maas an seinen katarischen Amtskollegen“. Woran der Konvoi tatsächlich gescheitert ist, bleibt zunächst unklar.
Die 170 Menschen jedenfalls bleiben in Kabul zurück. In dem Konvoi, den die Luftbrücke am Wochenende doch noch organisieren konnte, saßen andere Personen. Und weitere Busse werden es jetzt kaum noch in den Flughafen schaffen.
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