AfD droht mit Klage gegen Hannovers OB: Klartext unerwünscht
Die Stadt Hannover hat die AfD als rechtsextrem bezeichnet. Nun fordert die Partei eine Unterlassungserklärung vom grünen OB Belit Onay.
Ein Pressesprecher der Stadt hatte die AfD im Gespräch mit der Neuen Presse als „rechtsextrem“ bezeichnet. Da die Pressestelle dem Oberbürgermeister direkt unterstellt ist, hat der Kreisverband der AfD Onay nun aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Äußerung sei ein „dreister Verstoß gegen das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot“, schreibt die AfD in einer Pressemitteilung.
Bereits vor der Beschwerde der AfD hatte es Ärger gegeben. Ende Juli hatte der Oberbürgermeister alle Fraktionsvorsitzenden aus dem Rat der Stadt eingeladen – auch den der AfD. Nachdem SPD und CDU sich öffentlich darüber beschwerten, wurde die AfD wieder ausgeladen. Es habe sich um ein Versehen gehandelt, sagte die Pressestelle der Stadt. Im Rahmen dieser Erklärung fiel auch der Satz, der Oberbürgermeister arbeite „selbstverständlich nicht mit Rechtsextremen zusammen“.
Ob nun eine Unterlassungserklärung des Oberbürgermeisters folgen wird, blieb bis Redaktionsschluss offen. Falls nicht, werde die AfD Klage erheben, heißt es in der Pressemitteilung der Partei.
Ulrich Karpen, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht
Nach Einschätzung des Staatsrechtlers Ulrich Karpen von der Universität Hamburg stehen die Chancen der AfD in diesem Fall gut. Der Grund: „Ein Oberbürgermeister ist gegenüber der Öffentlichkeit und der Presse immer im Dienst“, sagt Karpen. Onay müsse sich deshalb immer an das Neutralitätsgebot halten.
Das Gleiche gelte für seinen Pressesprecher: „Ein Bürgermeister kann sich nicht immer selbst äußern, daher ist sein Pressesprecher an die gleichen Pflichten gebunden“, sagt der emeritierte Rechtsprofessor. Denn die AfD als Ganzes wurde bisher nicht als rechtsextrem eingestuft – zumindest nicht vom Verfassungsschutz.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) in Berlin veröffentlichte Anfang Juli eine Studie, die die AfD als rassistische und rechtsextreme Partei einordnet. „In der Programmatik der Partei sind Positionen verankert, die sich eindeutig als rassistisch und rechtsextremistisch klassifizieren lassen“, sagt Hendrik Cremer vom DIMR. Dazu gehöre, dass Menschen allein aufgrund der Tatsache, dass sie Muslime sind, als Gefahr betrachtet würden, oder dass sich Leistungen aus der Rentenversicherung auf Deutsche beschränken sollten.
Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags schreiben zum Thema Neutralitätsgebot für Hoheitsträger: „In der Demokratie des Grundgesetzes muss sich die politische Willensbildung von unten nach oben, also vom Volk zu den Staatsorganen vollziehen.“ Da Äußerungen von Hoheitsträgern größeren Einfluss haben, bestehe die Gefahr einer „Umkehrung des Willensbildungsprozesses“.
In der Vergangenheit gab es bereits einen ähnlichen Fall. So hatte sich der Düsseldorfer Bürgermeister Thomas Geisel (SPD) 2017 auf der Internetseite der Stadt gegen eine Demonstration der rechtspopulistischen „Dügida“-Bewegung positioniert, dem lokalen Ableger der Pegida. Das Bundesverwaltungsgericht sah hier das Sachlichkeitsgebot verletzt und erklärte die Aktion für rechtswidrig.
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