piwik no script img

Protest mit Rechnung

Gericht stellt Verfahren gegen Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen gegen Auflage ein. Sie hatten im vergangenen Jahr bei HeidelbergCement protestiert

Von Christian Rath

Das Amtsgericht Heidelberg hat an diesem Montag das Verfahren gegen vier Ak­ti­vis­t:in­nen der Gruppe „Wurzeln im Beton“ eingestellt. Die vier müssen Geldauflagen zwischen 300 und 750 Euro an gemeinnützige Einrichtungen bezahlen.

Anfang August 2020 hatte eine Gruppe von 17 Personen den Eingang des global tätigen Unternehmens HeidelbergCement blockiert. Vier von ihnen kletterten mit einer Leiter auf das Vordach der Konzernzentrale und entrollten ein Transparent mit der Parole „Alle zusammen für eine klimagerechte Welt“.

Die Protestaktion war Teil des dezentralen Kleingruppen-Aktionstags „Aufstand mit Abstand“. Die Gruppe Wurzeln im Beton fokussierte sich dabei auf den Beitrag der Bau- und Zementindustrie zur Klimakrise. Angeprangert wurden auch „neokoloniale Geschäftspraktiken“ des Konzerns, insbesondere die Gefährdung der Lebensgrundlagen von indigenen Gemeinschaften in Indonesien durch eine geplante Kalksteinmine plus Zementwerk.

Die Gruppe beendete die symbolische Aktion damals freiwillig nach sechs Stunden. Nach Darstellung der Ak­ti­vis­t:in­nen habe HeidelbergCement zunächst den Verzicht auf strafrechtliche Verfolgung zugesagt, später aber doch einen Strafantrag gegen die vier Vor­dach­be­set­ze­r:in­nen wegen Hausfriedensbruch gestellt.

Das Amtsgericht Heidelberg erließ zunächst vier Strafbefehle à je 1.500 Euro. Nachdem die Ak­ti­vis­t:in­nen Widerspruch erhoben, kam es jetzt zu einer vierstündigen mündlichen Verhandlung am Amtsgericht Heidelberg. Am Ende kamen die Angeklagten mit deutlich niedrigeren Geldauflagen davon, wobei sie allerdings auch noch für Anwalts- und Prozesskosten aufkommen müssen.

In einer Presseerklärung bezeichnete die Gruppe den Ausgang des Gerichtsverfahrens als Skandal. „Heidelberg Cement beutet Menschen aus, und heizt die Klimakrise weiter an. Legitimen Protest dagegen versuchen sie hier und in anderen Ländern zu kriminalisieren“, erklärt ein Angeklagter, der sich Luca nennt.

Nach Redaktionsschluss sollte vor dem Heidelberger Amtsgericht eine Solikundgebung für die „Vier vom Vordach“ stattfinden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen