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Afrikas neuer Krieg gegen den TerrorAlles will nach Mosambik

Die Welt kämpft gegen Mosambiks Islamlistenrebellen. Kräfte aus Ruanda, Truppen aus dem südlichen Afrika und eine Mission der EU sind im Einsatz.

Ruandische Soldaten am Flughafen von Kigali zum Abflug nach Mosambik Foto: Jean Bizimana/reuters

Berlin taz | Erst waren es Spezialkräfte aus Ruanda. Seit einigen Tagen kommen Soldaten aus Bots­wana und Südafrika dazu. Bald soll eine militärische Trainingsmission der EU folgen und den bereits anwesenden Ausbildern aus Portugal Gesellschaft und Schutz leisten. Die Provinz Cabo Delgado im Norden Mosambiks, seit vier Jahren Kriegsgebiet zwischen Mosambiks Armee und Rebellen, die dem globalen sogenannten Islamischen Staat (IS) zugerechnet werden, wird zum neuesten globalen Tummelplatz für Antiterroreinsätze.

Am wichtigsten ist derzeit der Einsatz von 1.000 Soldaten aus Ruanda. 700 Spezialkräfte und 300 Polizisten wurden am 9. und 10. Juli aus Ruandas Hauptstadt Kigali nach Palma im äußersten Norden Mosambiks entsandt. Sie haben Quartier in Afungi bezogen, dem Hochsicherheitsgelände zehn Kilometer außerhalb der Stadt.

Dort wollte Frankreichs Ölmulti Total eine Flüssiggasanlage samt Exporthafen im Rahmen eines 20-Milliarden-Dollar-Projekts zur Ausbeutung der Erdgasvorkommen im Indischen Ozean bauen – bis die Rebellen am 24. März in ihrer bislang spektakulärsten Offensive Palma überrannten und Zehntausende von Menschen in die Flucht trieben.

Sie zogen bald wieder ab, aber auch Total zog sich bis auf Weiteres aus Palma zurück. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron finalisierte bei seinem Ruandabesuch Ende Mai die ruandische Truppenstationierung, die er vermutlich finanziert.

„Wiederherstellung der staatlichen Autorität“

Geführt wird Ruandas Eingreiftruppe von Generalmajor Innocent Kabandana, bis 2019 Kommandeur der ruandischen Spezialkräfte, die unter anderem im Kongo im Einsatz waren. „Das ruandische Kontingent wird Bemühungen zur Wiederherstellung der staatlichen Autorität Mosambiks unterstützen, indem es Kampf- und Sicherheitsmaßnahmen durchführt“, erklärte Ruandas Regierung bei der Bekanntgabe der Stationierung.

Erste Kämpfe nahe Afungi wurden bereits gemeldet. Seit 20. Juli sei eine Offensive im Gange und es gebe „direkte Konfrontation“, berichteten ruandische Medien am Freitag und zitierten Armeesprecher Ronald Rwivanga: „Das sollen die Mosambikaner kommentieren, wir müssen das nicht.“

Mit seinem Einsatz kommt Ruanda der Regionalorganisation SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) zuvor, der Mosambik sowie alle seine Nachbarländer angehören. Die SADC beschloss bereits im April einen „technischen“ Einsatz in Mosambik, doch dann entwickelten sich Unstimmigkeiten zwischen Mosambiks Regierung und SADC.

Erst am 15. Juli erbat Mosambik offiziell bei SADC militärischen Beistand – da waren die Ruander schon da. Am 19. Juli landete ein erstes Kontingent südafrikanischer Spezialkräfte in Cabo Delgados Provinzhauptstadt Pemba, begleitet von Kämpfern aus Botswana. Unter Kommando von Generalmajor Xolani Mankayi sollen die Südafrikaner Aufklärung leisten und die Entsendung regulärer Einheiten vorbereiten.

Rivalität zwischen Ruanda und Südafrika

Dass Ruanda Südafrika zuvorgekommen ist, entspricht der militärischen Rivalität zwischen den beiden Regionalmächten, die sich in vergangenen Jahren schon in der Demokratischen Republik Kongo und der Zentralafrikanischen Republik gezeigt hat. Ob es auch der Konfliktlösung in Mosambik dient, wird sich noch erweisen müssen.

Die Konfliktbeobachtungsexperten der US-Organisation Acled vermelden in ihrem neuesten Wochenbericht zu Mosambik „zunehmende Gewalt und Konfusion vor allem im Gebiet um Palma, wo einige der ruandischen Interventionstruppen stationiert sind“. Zum ersten Mal seit April bekenne sich der IS außerdem wieder zu Rebellenangriffen in Mosambik.

Südafrikanische Analysten werten die Truppenentsendungen vor allem als Ausdrücke politischer Solidarität mit Mosambiks Regierung – denn gegen mutmaßlich 3.000 gut organisierte Rebellen, die in den letzten Monaten erhebliche Mengen an Ausrüstung erbeutet oder importiert hätten, könnten die Eingreiftruppen militärisch wenig ausrichten.

Der südafrikanische Fachdienst Defenceweb warnt: „Was als lokale Revolte wegen Massenarmut und Unzufriedenheit mit der Regierung begann, hat sich zu einer Bedrohung der Sicherheit des südlichen Afrikas entwickelt. Die ausländischen Kräfte sollten nicht den Fehler machen, das Informationsniveau und die Ausdehnung der Aufständischen zu unterschätzen.“

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1 Kommentar

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  • Na prima. "Wir" "gehen da rein". Wenn's uns langweilig wird, siehe Afghanistan, sagen wir "Jungs, (Mädels?), macht's gut, war nett bei Euch".