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Sommerferien doch nicht auf Balkonien?Digitaler Impfausweis kommt

Spätestens im Juni soll eine Impfung oder ein negativer Test per App nachgewiesen werden können. Bundesregierung setzt auf Open-Source-Lösung.

Mit dem digitalen Impfpass in der Tasche wird das Reisen innerhalb der EU leichter Foto: Clara Margais/dpa

Berlin taz | Ob bis zum Sommer tatsächlich alle erwachsenen Deutschen, die das wünschen, geimpft werden können, ist nach neuen Lieferverzögerungen bei den Impfstoff-Herstellern AstraZeneca und Johnson & Johnson derzeit nicht sicher. Aber diejenigen, die ihre Spritzen bis dahin bekommen haben, dürfen damit rechnen, dann leichter reisen zu können. Denn der digitale Impfausweis, der Corona-Impfungen einfach und fälschungssicher nachweisen soll, werde „in der zweiten Hälfte des zweiten Quartals“ starten, verlautete es am Mittwoch aus dem von Jens Spahn (CDU) geleiteten Bundesgesundheitsministerium.

Spätestens Ende Juni – und damit rechtzeitig zu den Sommerferien – sollte der digitale Impfnachweis demnach zur Verfügung stehen. Er geht auf eine Initiative der EU zurück, die damit Reisen innerhalb der Union erleichtern will. Der Impfnachweis soll keine Voraussetzung für Grenzübertritte sein, aber die Be­sit­ze­r*in­nen von möglichen Test- und Quarantänepflichten befreien.

Die deutsche Lösung wird federführend von IBM entwickelt. Dabei soll vollständig auf Open Source gesetzt werden. Anders als zunächst geplant soll außerdem keine Blockchain-Technologie genutzt werden. Die Geimpften sollen laut Gesundheitsministerium im Impfzentrum oder in ihrer Arztpraxis einen QR-Code erhalten, den sie mit einer speziellen App auf ihrem Smartphone scannen können. Alternativ würde der Code auch auf Papier ausgegeben.

Die App erzeugt dann einen weiteren QR-Code, der nur den Namen des Geimpften und seinen Impfstatus enthält. Dieser kann mit einer Auslese-App gescannt werden, um einen schnellen Nachweis über die Impfung zu erbringen. Um die Identität zu überprüfen, muss dabei zusätzlich ein Ausweisdokument vorgezeigt werden.

Erleichterte Restaurantbesuche

Neben dem Impfstatus soll es auch möglich sein, die Ergebnisse von Coronatests in der App zu speichern. So kann ein aktueller negativer Test nachgewiesen werden. Ob auch eine überstandene Corona-Infektion registriert werden soll, ist derzeit noch unklar.

Auch auf welchem Weg bereits doppelt Geimpfte ihren Code erhalten, wird noch geklärt. Zusätzlich zur neuen Impfausweis-App soll der digitale Impfnachweis auch in der bereits existierenden Corona-Warn-App angezeigt werden können, hieß es. Diese soll zudem bereits ab Ende April die Möglichkeit bieten, negative Schnelltests anzuzeigen.

Außer zur Einreise kann der digitale Impf- bzw. Testnachweis auch für andere Zwecke genutzt werden, etwa zum Besuch von Veranstaltungen oder Restaurants. Unabhängig vom Coronanachweis sollen im nächsten Jahr EU-weit auch andere Impfungen in eine digitale Form überführt werden.

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8 Kommentare

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  • Es sollte jedem klar sein das das nun der 4 oder 5 Versuch seitens der Bundes"regierung" ist die Gesundheitsdaten endlich, endlich an die Buddys der Regiernden, namentlich Versicherungen, Banken und natürlich Arbeitgeber zu bringen.



    Das Ding wird man nie wieder los...

    Es gibt einen Impfausweis, international anerkannt, von der WHO zertifiziert.

    Das digitale Ding Werte ich als schlichte plutokratie und korruption.

  • @BerlinerausBerlin



    Tja, "digital" ist eben zur Zeit in Mode. Ich werde mich jedenfalls solange es irgend geht dagegen wehren, mir ein Schüffelfon anzuschaffen. Mich dagegen wehren, mich von Google & Co. ausschnüffeln zu lassen.

    • @sollndas:

      "Alternativ würde der Code auch auf Papier ausgegeben."

      D.h. wir Menschen ohne Handy haben da erstmal kein Problem.

      Dennoch verstehe ich nicht, was gegen den bestehenden Impfpass spricht, den die meisten von uns sowieso schon haben dürften.

  • @JOX

    Was für einen Vorteil?

    Um Lindner zu zitieren: "denken, second".

    Wie wir leider (auch noch pandemieverschärft) ein- fürs andere Mal feststellen müssen, entscheidet in dieser Branche Kennen vor Können den finanziellen Erfolg.

    Da wieder einen Weg zu einem unübersichtlichen Sumpf zu schlagen dürfte für den einen oder anderen ausgehungerten Abgeordneten... attraktiv erscheinen.

    Für Sie und für mich? Vorteil? Keinen.

    Ich besitze nicht einmal einen Smartphone. Ich habe mich fest entschlossen, es so zu belassen, bis sich die Lage beruhigt.

  • Was genau für einen Vorteil soll jetzt ein digitaler Ausweis gegenüber dem altbewährtem gelben Impfpass haben? Der hat immerhin einen Stempel und ist ein Dokument. Und kann nicht so einfach gegen meinen Willen beliebig kopiert und übertragen werden.

    Es ist in keiner Weise klar, wie ein Datenschutzkonzept funktionieren soll, das was anderes macht als die persönlichen Daten, wohl inlusive Personalausweisnummer, einfach in eine zentrale Datenbank einträgt und da abrufbar macht.

    Und die Erwähnung von "Blockchain" wird bei jedem, der ansatzweise was von IT oder Kryptographie versteht, nur schallendes Gelächter hervorrufen - das ist geradezu ein Warnsignal für mangelnde Seriosität, dass das überhaupt erwähnt wird. Abgesehen davon, dass das Prinzip ja dann gerade wäre, dass alles dauerhaft veröffentlicht und mehrfach signiert würde. Da könnte man den Impfstatus genausogut in den Gelben Seiten speichern.

    Also wie soll das funktionieren? Der Inhaber des Impfausweises muss die Kontrolle über die Weitergabe behalten - allein das ist schon mal schwierig, denn es handelt sich um ein Stück Information, das quasi naturgemäß kopiert werden kann. Der Prüfende muss die Authentizität der Information nachvollziehen können - das geht theoretisch mit digitalen Signaturen, dann braucht man aber eine PKI Infrastruktur für alle Gesundheitsämter und Ärzte, so etwas gibt es noch gar nicht. Die Impfinformation muss verlustsicher gespeichert werden, und für Reisen in einem international standardisierten Format - es wird Jahre brauchen bis es das gibt.

    Aber am wichtigsten ist die Frage: Wenn ich jemandem eine Information digital gebe, wie kann ich ihm die Verfügung darüber dann wieder entziehen? Das ist fast unmöglich. Sagen wir, ich teile Ihnen digital mit, dass das Geburtsdatum von Erich Kästner der 23 Februar 1899 war, wie kann ich diese Weitergabe nachträglich beschränken? Das geht nicht.

    All das spricht für den alten gelben Impass mit Stempel. Der ist ja auch schon anerkannt.

    • @jox:

      Ist ihnen überhaupt die Funktionsweise der blockchain bewusst? Denn gerade das Anwendungsgebiet ist die Stärke der Technologie. In ähnlichen Bereichen wird die blockchain erfolgreich von beispielsweise SAP angewendet. Der ganze Punkt mit den Signaturen wäre damit hinfällig und eine Veränderung der Daten im Nachhinein ausgeschlossen. Es mag sein das durch den ganzen Kryptohype die blockchain gerne mal einfach weil es angesagt ist, irgendwo mit eingebracht wird wo es keinen Sinn macht, aber in diesem Fall ist da nicht so.

      • @Heroism:

        > Ist ihnen überhaupt die Funktionsweise der blockchain bewusst?

        Durchaus. Auf einen einfachen Punkt gebracht ist das im Prinzip eine Art Grundbuch mit öffentlichen Transaktionen.

        > Der ganze Punkt mit den Signaturen wäre damit hinfällig und eine Veränderung der Daten im Nachhinein ausgeschlossen.

        Eine Blockchain enthält auch Signaturen, und die Schlüssel um diese zu erstellen müssen verteilt werden:

        de.wikipedia.org/wiki/Blockchain

        Und das ganze Prinzip kann nur funktionieren, wenn man die gegen Veränderung abzusichernden Daten öffentlich macht. Wie eben bei einem Grundbuch.

        Wie das mit Datenschutz zu vereinbaren sein soll, ist schwierig zu erklären. Es gibt sowieso das Problem, dass man nicht nur die Echtheit der Information bestätigen muss, sondern ihren Empfang und Auswertung auch noch sicher auf einen Empfängerkreis einschränken muss, der beim Erstellen des Eintrags noch gar nicht fest steht (z.B. Gtenzbehörden oder Veranstalter).

        Dafür gibt es noch gar kein fertiges und praktikables Verfahren. Die Problemstellung erscheint noch schwieriger als das elektronische Abhalten von (1) nicht manipulierbaren (2) geheimen (3) öffentlichen Wahlen, auch Wahlcomputerproblem genannt. Es scheint, als sei das letztere sogar prinzipiell unlösbar. Während ein Stimmzettel in einem Umschlag, der in eine Urne gesteckt wird, und unter Beobachtung ausgezählt wird, ein bewährtes und sicheres Verfahren ist.

        Ein gelber Impfass mit Stempel kann Geimpfte sicherlich besser ausweisen.

  • Was ist denn bitte mit dem guten alten Impfpass? Gilt der nicht bzw. reicht der dann nicht aus?