piwik no script img

Anti-israelischer Protest in der TürkeiSchützenhilfe für Palästina

Der türkische Präsident Erdoğan profiliert sich als internationaler Fürsprecher der Palästinenser. Er wird dafür breit unterstützt.

Anti-israelischer Protest in Istanbul am Montag Foto: Dilara Senkaya/reuters

Istanbul taz | In der Türkei ist die Empörung über das Vorgehen der israelischen Sicherheitsorgane gegen vermeintlich friedlich demonstrierende Palästinenser in Jerusalem groß. Angeheizt von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der Israel am Wochenende einen „Terrorstaat“ genannt hatte, marschierten in der Nacht zu Dienstag, trotz Ausgangssperre und Lockdown, Tausende Islamisten in Istanbul und Ankara gegen die israelische Botschaft beziehungsweise das Konsulat. Lautstark verurteilten die Demonstranten die israelische „Terrorpolitik“ und forderten ein Eingreifen der türkischen Armee in Palästina.

Obwohl die überwiegende Mehrheit der türkischen Bevölkerung diese Forderung ablehnt, besteht über alle Partei­grenzen Einigkeit darin, dass das Vorgehen der israelischen Polizei gegen palästinensische Demonstranten ungerechtfertigt ist. Zudem werden die Luftangriffe auf Gaza scharf kritisiert. Dabei reicht das politische Spektrum von der links-kurdischen HDP bis zu der rechtsextremistischen MHP und schließt alle etablierten Parteien ein.

Innenpolitisch abgesichert, versucht Erdoğan möglichst viele islamische Staaten auch außerhalb der arabischen Welt auf eine gemeinsame Protesthaltung gegen Israel einzuschwören. Neben Jordanien, Kuweit und Ägypten wandte sich Erdoğan auch an den Staatschef in Indonesien und den König in Malaysia. Das Ziel sei, so Erdoğan, dass „die islamische Welt mit einer Stimme spricht“ und eine wirksame Unterstützung für die Palästinenser organisiert. Mehrfach forderte er auch ein Eingreifen der UNO.

Schon am Wochenende hatte Erdoğan auch mit Palästinenserpräsident Mahmut Abbas und dem politischen Chef der Hamas, Ismael Haniyeh gesprochen und ihnen seine Unterstützung zugesagt. Laut türkischen TV-Sendern dankten palästinensische Demonstranten auf dem Tempelberg in Jerusalem es ihm mit Sprechchören.

Eigentlich hatte sich die Türkei Israel wieder angenähert

Dennoch erstaunt die absolut uneingeschränkte Unterstützung auch die Hamas, die seit Montag Israel mit Raketen beschießt, ein wenig. Zwar hatte sich Erdoğan schon während des „arabischen Frühlings“ als Held profiliert und sich mit massiver Unterstützung der Muslimbrüderschaft hervorgetan. Doch seit einigen Monaten verfolgte die türkische Außenpolitik einen Kurs der Wiederannäherung an die Länder in der Region, darunter auch Israel.

Obwohl es seit Jahren keinen türkischen Botschafter in Israel gibt, ernannte Erdoğan kürzlich einen Vertrauten als neuen Botschafter in Tel Aviv. Es gab Gespräche mit Israels Regierung, die als Vorbedingung für eine Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen eine Abwendung Erdoğans von der Hamas verlangte. Erdoğan kritisierte zwar die Aufnahme diplomatischer Beziehungen einiger Golfstaaten zu Israel, versuchte aber die Beziehungen zu Kuweit und Ägypten ins Lot zu bringen. Seit dem Wochenende ist er wieder nur noch die Stimme Palästinas.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • König in Malaysia? Der hat nicht mehr Einfluss als die Queen in England.