Schleswig-Holstein würdigt Kriegsende: Weiße Flaggen auf dem Landeshaus

Ein „echter“ Feiertag war nicht durchsetzbar. Aber Schleswig-Holstein begeht den Tag der deutschen Kapitulation am 8. Mai nun als Gedenktag.

Häftlinge des KZ Neuengamme heben 1941 einen Kanal aus

Hatten die Befreiung herbeigesehnt: Häftlinge aus dem KZ Neuengamme heben 1941 einen Kanal aus Foto: dpa

Hamburg taz | Es ist eins der ambivalentesten Daten der jüngeren deutschen Geschichte: der 8. Mai, der an die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht 1945 erinnert. Es war das Ende des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs, was auch den Verlust der ehemals deutschen „Ostgebiete“ im heutigen Polen bedeutete. Da aber ein Großteil der Deutschen das NS-Regime unterstützt hatte – und sei es als MitläuferIn –, wurde dieser Tag von Vielen nicht als Befreiung, sondern als Demütigung empfunden.

„Dass es KZ-Gefangene, Verfolgte, ZwangsarbeiterInnen gab, die das Kriegsende herbeigesehnt hatten, blendete man aus“, sagt Harald Schmid von der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein e. V. Er hat 2020 eine Online- und Landtagspetition mitinitiiert, in deren Folge Schleswig-Holstein den 8. Mai in diesem Jahr erstmals als Gedenktag begeht.

Es sei „befremdlich und unverständlich“, so die Petition, „dass das demokratische Deutschland es bis heute mehrheitlich vermieden hat, den 8. Mai offiziell zu einem seiner wichtigsten politischen Gedenktage zu erheben.“ Erst diese Zäsur habe eine friedliche, demokratische, rechtsstaatliche Entwicklung ermöglicht.

Eröffnet hatte die Debatte der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU), der den 8. Mai im Jahr 1985 erstmals „Tag der Befreiung“ nannte, bis dato ein Tabu in konservativen kreisen. Den Tag zu feiern fiel auch deshalb schwer, weil man sich von der DDR abgrenzen wollte, wo der 8. Mai von 1950 bis 1967 Feiertag war. In Frankreich, Tschechien, der Slowakei, Russland und weiteren Staaten der einstigen Sowjetunion ist dieser „Tag des Sieges“ ohnehin arbeitsfrei.

Debatte erst nach der Wende

Erst nach der Wende kam in Deutschland wieder Bewegung in die Debatte: Mecklenburg-Vorpommern machte den 8. Mai schon im Jahr 2002 zum Gedenk-, nicht aber zum arbeitsfreien Feiertag, Brandenburg und Thüringen folgten 2015, Bremen 2020. Hamburgs Bürgerschaft diskutierte 2018, ob der Frauentag, der 8. Mai oder der Reformationstag Feiertag werden solle. Dabei hatten sich die MinisterpräsidentInnen der vier norddeutschen Bundesländer längst auf den Reformationstag geeinigt, erinnert sich Norbert Hackbusch von der Linksfraktion.

Da ein Feiertag – das weit stärkere Symbol – also nicht durchsetzbar schien, forderte der schleswig-holsteinische „Initiativkreis“ 2020 lediglich einen Gedenktag. Der Landtag stimmte zu – und wird ihn mit weißen Flaggen der Künstlerin Ute Jürß auf dem Landeshaus begehen.

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