piwik no script img

Teststrategie an den Berliner SchulenDie übliche Unzufriedenheit

GrundschülerInnen testen sich nun endlich selbst, ab kommender Woche sollen sie das unter Aufsicht in der Schule tun. Warum meckern trotzdem alle?

Positiv: Berliner SchülerInnen sollen sich selbst in der Schule testen Foto: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

Kaum zu glauben, aber da sind sie, in einem weißen Umschlag zieht das Kind, 6. Klasse, sie am ersten Schultag nach den Osterferien aus der Tasche: zwei Corona-Selbsttests. Die zum in der Nase Bohren. Hat damit ja auch bloß knapp acht Wochen gedauert von der ersten Pressemitteilung der Bildungsverwaltung („Es geht los: Schnelltests an Schulen und Kitas“, 19. Februar) bis zu dem Augenblick, wo dem Kind tatsächlich zum ersten Mal ein Stäbchen in der Nase steckt. Aber gut, jetzt sind sie da, die Tests, endlich auch für die GrundschülerInnen, die man immerhin als Erste zurück in den Wechselunterricht geschickt hatte – und das muss man wohl als die Hauptsache betrachten.

Tatsächlich aber herrscht nach der herrlichen österlichen Ruhe im Mailpostfach die übliche Unzufriedenheit auf den Elternmailverteilern dieser Stadt. Reichlich spät, die Tests (ja, stimmt)! Und dann auch noch die Rolle rückwärts, dass die Kinder sich ab kommender Woche doch unter Aufsicht in der Schule testen sollen – immer dieses Hin und Her! Das mit dem Hin und Her stimmt natürlich auch, aber wer den Masterplan „Pandemiemanagement“ in der Homeoffice-Schublade liegen hat, der möge sich jetzt bitte endlich melden. Oder öfter mal schweigen oder meinetwegen auch bloß ein bisschen konstruktiver meckern.

Denn die Entscheidung, dass sich die Kinder in der Schule testen sollen, ist ja gar nicht so blöd. Sicher, die potenziell infizierten Kinder fahren dann erst mal durch die Stadt in die Schule. Aber: Dann sind sie auch da. Und weil der Test unter Aufsicht stattfindet und sinnvollerweise am Anfang des Schultags, ist auch das Risiko geringer, dass ein positiver Schüler unentdeckt bleibt und Zeit hätte, zum Superspreader zu werden. Zumal ja auch die Maskenpflicht im Unterricht gilt.

Ein bisschen Pessimismus

Klar, dem Testen in der Schule statt zu Hause liegt eine pessimistischere Annahme zugrunde, was die Testbereitschaft in den Familien angeht. Aber es bringt hier eben auch keine Nachteile, die Teststrategie für die Schulen sicherer zu machen. Ja, es kostet natürlich einen Teil der Unterrichtsstunde (so what, nach einem Jahr Homeschooling!), und, ja, die Kinder müssen fürs Nasebohren kurz mal die Maske am (hoffentlich zu öffnenden) Fenster absetzen. Die Aerosolkonzentration in der abendlichen Supermarktschlange dürfte trotzdem größer sein.

Bleibt noch die heiß diskutierte Frage, ob es die Kinder traumatisieren könnte, wenn sie das positive Testergebnis vor der Klasse bekommen. Wenn man davon ausgeht, dass PädagogInnen durchaus in der Lage sein sollten, mit den Kindern diesen Was-wenn-Fall präventiv zu besprechen – vermutlich eher nicht. Zumal im zweiten Coronajahr den allermeisten das Virus irgendwie im Bekannten- oder Familienkreis nahe gekommen ist. Es gibt Erfahrungswerte aus dem Alltag, anders als noch vor einem Jahr.

Ach so, die Präsenzpflicht ist an Berliner Schulen übrigens, anders als inzwischen in Brandenburg, (noch) ausgesetzt. Wer sein Kind nicht testen lassen will, darf also weiter Homeschooling machen und sich beim Zoom-Elternabend darüber aufregen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • liebe Anna Klöpper,



    gerne können Sie die Beaufsichtigung von 12 bis 13 Erstklässlern übernehmen, die sich selbst in einem Klassenraum auf Corona testen.



    Ich als Lehrerin möchte dies nicht tun, auch nicht bei älteren Schülern. Und dafür gibt es mehrere Gründe:



    Ich habe keinerlei Anleitung zum Durchführen dieser Test bekommen, außer denen die den Testkits selbst beiliegen, einer stark vereinfachten Zusammenfassung des Land Berlins und einem Video des Land Berlin. Experten zum Rückfragen stellen eine qualifizierte Anleitung vor Ort um Fragen und Unsicherheiten auszuräumen gab es nicht. Normalerweise darf ich Kindern nicht mal ein Pflaster aufkleben, bin ja keine medizinische Fachkraft und jetzt soll ich beurteilen, ob 12 Kinder den Selbsttest zuverlässig durchführen.



    Bei kleineren Kindern ist mit Sicherheit noch Unterstützung bei der Handhabung des Test notwendig, das stellt auch das SIBUZ in seinem 10 Infobrief 2021 fest. Zitat Anfang: "Fähigkeit des Selbsttestens Wie bei jeder anderen Kompetenz ist es auch hier: Üben hilft. Wir haben erfahren, dass auch jüngere Schülerinnen und Schüler nach einiger Zeit immer besser in der Lage sind, den Test durchzuführen. Lehrkräfte müssen jüngere Kindern zunächst beim Verschließen des Röhrchens oder dem Tropfen der Lösung auf das Plättchen..." Gleichzeitig stand in letzten Brief an die Schulen, dass bis auf die Maske keine weiteren Schutzausrüstungen für die Lehrkräfte beim Beaufsichtigen der Tests notwendig sind.



    Die Schulen sind mit der Frage, wie werden die Kinder bei denen der Test positiv ist begleitet, völlig allein gelassen worden. Ich biete aber gerne an, dass alle die sich jetzt öffentlich äußern, dass das alles kein Problem ist, sich an eine nahegelegene Schule wenden und dort anbieten positiv getestete Kinder bis zur Abholung durch die Eltern zu begleiten / beaufsichtigen. Keine Sorge, wenn Sie sich nicht ausreichend darauf vorbereitet fühlen. Wir Lehrkräfte auch nicht.

  • > Tatsächlich aber herrscht nach der herrlichen österlichen Ruhe im Mailpostfach die übliche Unzufriedenheit auf den Elternmailverteilern dieser Stadt.

    Weniger als um Tests an Schulen geht es auch um die Frage, ob man die Tests nutzen soll, um mit einen Wechsel zwischen halbherzigen Lockdowns weiter zu wursteln, und vermeintlich der Wirtschaft kurzfristig Probleme erspart, oder ob man die Resource der Tests nicht besser für eine Unterdrückungsstrategie nutzt.

    Ich meine, wenn die Feherwehr dabei ist, einen Grossbrand zu bekämpfen, und mehr Wasser bekommt, oder sogar einen Hubschrauber der Wasser abwerfen kann, dann nutzt sie das ja auch nicht, indem sie das Personal verringert und Feuerwehrleute abzieht. Denn das Ziel ist in dem Fall, den Brand zu löschen.

    Was genau ist jetzt das Ziel dieser Coronamaßnahmen und Tests?

    • @jox:

      "Was genau ist jetzt das Ziel dieser Coronamaßnahmen und Tests?"



      Das Ziel ist, die Schulen auf Teufel komm raus zu öffnen. Und da die Tests unvermeidbar einen Anteil falsch-negativer Ergebnisse liefern, die Infektionszahlen in die Höhe zu treiben.

      • @sollndas:

        Der viel lustigere Teil ist der mit den falsch positiven Tests.



        Bei (geschätzt) 350k Schulkindern ist pro Testrunde mit ca. 7000 zu rechnen. *Falsch* positive. Pro vollständige Testung.

        • @Brobdignag:

          > Der viel lustigere Teil ist der mit den falsch positiven Tests.



          >



          > Bei (geschätzt) 350k Schulkindern ist pro Testrunde mit ca. 7000 zu rechnen. *Falsch* positive.

          Ja, und dann werden offensichtlich ganze Schulen getestet und _keines_ von dem Kindern ist falsch positiv. Alle negativ. Da stellt sich die Frage, wie das möglich ist? Die statistische Wahrscheinlichkeit für so ein Ergebnis ist nämlich vergleichbar gering zu sechs Richtigen im Lotto:

          blog.fefe.de/?ts=9e9352cc

          Das ist ganz klar eine *hust* erklärungsbedurftige *hust* Irregularität, genauso wie es ein 99.9% Wahlergebnis aus wäre. *hust* *hust*

  • "Klar, dem Testen in der Schule statt zu Hause liegt eine pessimistischere Annahme zugrunde, was die Testbereitschaft in den Familien angeht."

    Ich denke viel entscheidender ist, das es bei einem nicht unerheblichen Teil Sachzwänge gibt, das das Kind in die Schule geht. Es muß nicht immer böse Absicht sein...

    • @nutzer:

      Wie auch bei den freiwilligen Selbsttests in der Wirtschaft wird sich viel zu viel Gedanken über theoretische Missbrauchs- und Umgehungsstrategien gemacht.



      Letztendlich wird ein Großteil diese Tests machen und auch ein positives Ergebnis melden. Und das bedeutet statistisch einen Riesenfortschritt zu bisher, wo exakt 0% Infektionen vor dem Eintreten eindeutiger Symptome entdeckt werden konnten.

      • @weaver:

        > Wie auch bei den freiwilligen Selbsttests in der Wirtschaft wird sich viel zu viel Gedanken über theoretische Missbrauchs- und Umgehungsstrategien gemacht.

        Da gibt es einen logischen Fehler: Das Prinzip, das hier gilt, ist hauptsächlich "eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied" oder "ein Schiff sinkt so schnell wie das größte Leck es ermöglicht".

        Wie in vielen anderen Bereichen, wo es um Risiken und Vermeidung von Gefahren geht, ist Konsequenz entscheidend.

        Um mal ein ganz plastisches Beispiel zu nennen: Wenn sie mit dem Auto durch die Stadt fahren, und kommen an 100 Ampeln, wo sie bei "Rot" halten müssen, und sie tun das, dann sind sie in dem Punkt sicher gefahren. Wenn sie aber bei nur EINER Ampel bei Rot rüber fahren, dann fahren Sie nicht sicher, auch wenn sie Glück haben und diesmal kein Unfall passiert. Der Grund dafür, und der gilt genauso auch bei der Ausbreitung des Virus, ist dass die eine Missachtung der Vorsichtsregeln das Gesamtrisiko weitgehend bestimmt, egal wie vorsichtig der Rest ist.

        • @jox:

          Und das kann man glasklar ausrechnen, die mathematische Grundlage ist das Rechnen mit bedingten Wahrscheinlichkeiten und Verkettungen von Ereignissen.

          • @jox:

            das ist aber nur die gesamtgesellschaftliche Sicht, aus der ist das Testen an Schulen auch sinnvoll. Die positiven werden herausgefischt, mit den Kontaktpersonen in Quarantäne gesteckt und so ließe sich, wenn die Durchseuchung der Bevölkerung nicht allzu hoch ist die Epidemie eindämmen.



            (Ich denke aber das es bei B1.1.7 nicht klappen wird, aber geschenkt)

            Der Punkt ist nur, aus individueller Sicht bei 3 Schultagen die Woche aber nur 2 tests, die auch nur eine Sicherheit um die 50% haben und keinerlei Kontrolle der Durchführung, geschweige denn der Ergebnisse ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, das Ausbrüche erst im Nachhinein gefunden werden.



            Wie gesagt, für die Allgemeinheit ist auch das gut, aber die Konsequenzen haben die Betroffenen auszubaden, nämlich (bei uns: 3 Wochen Quarantäne) , abgesehen davon, dass es auch gesundheitliche Probleme verursachen kann.



            Die Teststrategie, "Wir testen zu Hause und nicht an jedem Unterrichtstag", bietet keinen Schutz der Schüler und der Familien.



            Blickt man auf die Ausbreitung in UK, ist das Risiko sogar besonders hoch persönlich getroffen zu werden.

            • @nutzer:

              Gegen das Testen ist nichts zu sagen. Das Problem ist, mit den Tests als Begründung eine Öffnung durchzudrücken. Die Tests machen niemanden gesund.

              Es ist auch immer noch nicht richtig, dass positiv getestete Menschen zusammen mit ihrer Familie quarantiniert werden. Einige werden deswegen die Infektion bekommen, und einige von diesen wiederum, werden daran sterben, sich monatelang mit Symptomen herumschlagen, oder auch schwer chronisch krank werden.