piwik no script img

Die Union nach den Wahlen im SüdwestenDas Wahldebakel der CDU

Parteichef Armin Laschet hätte dringend einen Push für die Kanzlerkandidatur gebraucht. Die CDU startet denkbar schwach ins Superwahljahr.

Unfroh über die Ergebnisse: CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Wahlabend Foto: Markus Schreiber/reuters

Berlin taz | Als CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am frühen Sonntagabend in Berlin vor die Kameras tritt, hat er das Debakel für seine Partei fest im Blick. In einer Prognose hat das ZDF gerade 23 Prozent für die CDU in Baden-Württemberg, knapp 26 Prozent in Rheinland-Pfalz vermeldet. Ein historischer Tiefstand für die CDU in beiden Ländern.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Besonders in Baden-Württemberg, lange Stammland der CDU, wiegt das schwer. Die ChristdemokratInnen hielten sich hier für die natürliche Regierungspartei – bis 2011 der Grüne Winfried Kretschmann an die Macht kam und auch Konservative begeisterte.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Schon vor der Wahl hatten CDU-AnhängerInnen kundgetan, dass sie Kretschmann gerne als Ministerpräsidenten behalten wollen – viel lieber als die eigene Kandidatin Susanne Eisenmann, die derzeit in der grün-schwarzen Koalition Kultusministerin ist. Auch in Rheinland-Pfalz sieht es historisch schlecht aus. Hier allerdings ist die CDU bei den Landtagswahlen seit Jahrzehnten Kummer gewöhnt.

„Um es in aller Klarheit zu sagen: Das ist kein guter Wahlabend für die CDU“, sagt Ziemiak nun in der CDU-Zentrale. „Wir hätten uns andere Ergebnisse gewünscht.“ Natürlich betont er, dass es sich vor allem um persönliche Siege der beiden MinisterpräsidentInnen handele.

Ein „ganz schwieriges Wahljahr“

Ziemiak sagt aber auch, dass in der Bevölkerung Unmut und Unzufriedenheit mit dem Coronamanagement zunehme und der CDU ein „ganz schwieriges Wahljahr“ bevorstehe. Der Bundestagswahlkampf werde kein Selbstläufer. „Wir werden sehr hart kämpfen müssen.“

Noch klarer drückt das CDU-Präsidiumsmitglied Norbert Röttgen aus. Auf die Frage nach einer möglichen Regierung im Bund ohne die Union nach den Bundestagswahlen im September, antwortete er, dies sei denkbar. „Das müssen alle wissen, vor allen Dingen die CDU.“ Noch vor einigen Wochen schien der Wiedereinzug der Union ins Kanzleramt fast ein Selbstläufer zu sein.

Auch wenn die CDU zu diesem Zeitpunkt noch hoffen kann, dass die Zahlen im Laufe des Abends etwas hochgehen werden, wenn die Stimmen der vielen Brief­wäh­le­rIn­nen ausgezählt werden – zu diesem Zeitpunkt ist klar: Für die Partei ist das ein denkbar schlechter Start in das Superwahl, an dessen Ende im September die Bundestagswahl steht.

Dies gilt auch für den neuen Vorsitzenden Armin Laschet. Der ist zwar – das muss fairerweise gesagt werden – noch nicht einmal zwei Monate im Amt und konnte nur begrenzt auf die beiden Länder Einfluss nehmen. Nach einer Umfrage sagen zwei Drittel der Wäh­le­rIn­nen in beiden Ländern, dass der neue CDU-Chef das Ergebnis der Wahl nicht beeinflusst hat. Das heißt aber auch: Einen Push hat Laschet den Wahl­kämp­fe­rIn­nen seiner Partei eben auch nicht versetzt.

Welche Rolle spielte der Maskenskandal wirklich?

Das gilt auch andersherum: Auf seinem Weg zum Kanzleramt, wo Laschet wohl hin will, bringen ihn die Wahlergebnisse gar nicht voran – das Gegenteil aber könnte der Fall sein. Zumal Laschet erst einmal der Kandidat werden muss. Denn da gibt es ja noch CSU-Chef Markus Söder.

Ob die Ergebnisse nun Laschet in diesem Zweikampf geschwächt haben, dazu will sich keiner der führenden CDU-Politiker:innen am Abend äußern. „Die Frage des Kanzlerkandidaten spielt heute keine Rolle“, sagt Ziemiak dazu. Auch CDU-Vize Julia Klöckner betont, dass die Verantwortung für die Wahlergebnisse in den Ländern liege.

Die Ausgangslage dort war für die CDU nicht gut. In Stuttgart und Mainz regieren beliebte MinisterpräsidentInnen, Wechselstimmung gab es nicht. Doch auch von der Bundesebene kam zuletzt keine Unterstützung, im Gegenteil. Lange war die Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Bundesregierung groß, die Mehrheit im Land war der Ansicht, dass Angela Merkel Deutschland gut durch die Pandemie steuere. Und so war es am Anfang auch.

Doch dann ging vieles schief, der Kurs schlingerte – und das Vertrauen in die CDU nahm ab. Hinzu kam dann noch, dass sich zwei Bundestagsabgeordnete der Union bei Geschäften mit Schutzmasken persönlich sechsstellig bereichert haben sollen. Bei einem weiteren, der in Verdacht steht, vom autoritären Regime in Aserbaidschan geschmiert worden zu sein, gab es Durchsuchungen.

Inwieweit die Korruptionsvorwürfe sich negativ auf die Wahlen ausgewirkt haben, ist allerdings unklar. Viele Brief­wäh­le­rIn­nen hatten zu diesem Zeitpunkt bereits abgestimmt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Es ist schon „köstlich“, was in diesem Lande alles so als „Debakel“ oder „Desaster“ bezeichnet wird.



    Wenn erfolgsverwöhnte Gruppen/Parteien/Vereine mal ein paar Punkte einbüßen, was eigentlich normal sein sollte ( wenn alles mit rechten Dingen zuginge), dann erheben sich völlig übertriebene „Drama-Rufe“ (CDU unterscheidet sich dabei nicht vom FC Bayern).



    Dabei sollte es eigentlich eher beunruhigen, wenn es zu lange zu festgefügte Mehrheiten/Gewinner gibt, denn das zeugt von großen Ungleichgewichten bei der Einflussnahme durch starke Wirtschaftskräfte. (Und die Erfolgreichen kennen wenige Hemmungen und wenig Moral bei der Nutzung).



    Ein Debakel/Desaster, wenn man diese Begriffe in diesem Zusammenhang benutzen möchte, ist höchstens nach wie vor, dass eine rechte Katastrophentruppe (trotz erfreulicher Stimmenverluste) noch immer über der 5%-Hürde landet und demzufolge (mit „Bürger-Staats-Steuergeld“ finanziert) gefährlichen Unsinn öffentlich verbreiten kann/darf.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Ziemiak sagt aber auch, dass in der Bevölkerung Unmut und Unzufriedenheit mit dem Coronamanagement zunehme und der CDU ein „ganz schwieriges Wahljahr“ bevorstehe.""



    ==



    Das sich die CDU einem schrägen Kandidaten für den Parteivorsitz versagt hat reicht eben nicht - und das die CDU keine Agenda für die Zukunft vorlegen kann scheint sich auch nicht als besonders nachhaltig zu erweisen.

    Der Kardinalfehler ist allerdings ein anderer durch den die CDU den Merkelbonus reichlich verwirrt schuldhaft verspielt.

    Dieser KardinalFehler hat einen Namen und heißt Seehofer - der als Wachhund gegen Merkel ohne Verstand und wieder besseres Wissen aus niederen Beweggründen Thomas de Maizière ersetzen soll - was er nicht kann. Das hat er bereits bewiesen.

    de Maizière weiß und wußte das es nahezu unmöglich ist, ohne die Bundesrepublik in den Krisen - und Katastrophenmodus zu versetzen, die Pandemie einigermassen erfolgreich bekämpfen zu können.

    Förderalimus ist eine tolle Angelegenheit - ohne die Pandemie -- allerdings wenn Minister im Krisenmodus wie in Thüringen und Sachsen - Anhalt regieren und sich in Mac - Pom eine Sozialdemokratin profilieren muß um politisch zu überleben - machen alle schräge Kompromisse die im Verdacht stehen, das sie einzig und allein dem Virus helfen.

    Die Pandemie ist eine Katastrophe und ein Notfall der Menschenleben und dauerhaft Erkrankte fordert und die Gesellschaft zwingt, unpopuläre Massnahmen zu treffen.

    In dieser Situation hat die Kanzlerin kein Zugriffsrecht, weil Seuchenbekämpfung und Schulpolitik Angelegenheit der Länder ist und die Ministerpräsidenten, siehe Ramelow, schlagen unverständliche Volten um sich politisch zu behaupten.

    de Maizière hat das vorher gewusst - und hätte vorher im Amt als Innenminister durch Einrichtung eines demokratisch legitimierten Krisenmodus mit Krisenstab in Zusammenarbeit mit den Ländern für eindeutige & klare Krisen-bekämpfungs-Strukturen gesorgt.

  • Die Popularität Merkels hat lange Zeit das immense Personalproblem der Union überdeckt. Die Zeit der Kanzlerin läuft ab, also endet auch der Effekt demnächst.



    Und nun beginnt das Problem sich bei Wahlen niederzuschlagen. Und diese beiden Landtagswahlen dürften nur der Beginn sein.

  • Es grenzt schon an Realitätsverlust hinsichtlich Korruption, wenn bei der "Danke"-Arie von Christian Baldauf im TV ausgerechnet die Nestlé-Queen Julia K. im Hintergund steht.

    Lernfähigkeit sieht anders aus!

  • Wenn man die Augen zu macht und denkt, dass die Probleme dann verschwinden wundert mich das nicht. Dazu kommt qualifiziertes Führungspersonal wie Andi Scheuer. Es hätte mich gewundert, wenn es anders gekommen wären.

  • Beruhigend an Laschet: Er nimmt den Mund nicht so voll wie Söder. Der wird nur deshalb bevorzugt, weil er den Mund voll nimmt. Vorweisen kann er auch nicht mehr. Und die Medien hypen ihn, weil sie ihn nicht kennen. Wer Söder kennt, kann niemals meinen, er wäre ein guter Kanzler, nicht mal ein brauchbarer Kanzlerkandidat. Was er ja auch gar nicht sein will. Er meckert über die frühe Festlegung der SPD auf Scholz und meint doch glatt, er könne das Tempo vorgeben und dann in den Ring steigen, wenn die anderen verschlissen sind. Das ist mehr als schäbig, aber typisch Söder, der seine Gesundheitsministerin eben mal "auswechselt" und ihr ein vergiftetes Kompliment hinterher schickt. "Ich schätze Melanie sehr". Merkel hat allerdings auch die Schwächen der seinerzeitigen CDU-Granden Kohl, Schäuble, Merz ausgenützt, um selber ran zu kommen. Scheint auch unionstypisch. Die Schwächen anderer ausnützen. Selber gut sein wäre besser.