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Rollenmodell im kurzen Röckchen

SQUASH Ägyptens Weltmeisterinnen repräsentieren eine islamische Sportelite, die sich zu arrangieren weiß

„Ich arbeite hart für mein Land. Das kann Allah nur gefallen“

ENGY KHEIRALLAH

AUS KAIRO FELIX LILL

Es war das US-amerikanische Time-Magazin, das von einer „sanften Revolution des Islams“ sprach, mit Kairo als einem der Zentren dieses Umbruchs. „Kulturell“, heißt es in dem Artikel, „ist sie tief konservativ, aber ihr Ziel ist die Anpassung an das 21. Jahrhundert.“ Zwar finden Omneya Abdel Kawy, Heba Al Torky, Engy Kheirallah und Raneem El-Weleily in dem Artikel keine Erwähnung, aber als Repräsentantinnen der modernen islamischen Frau würden sie ins Bild passen. Die vier Ägypterinnen sind Weltmeister im Squash: Mit Sport verdienen sie ihren Lebensunterhalt, der Job ist häufig wichtiger als die Familie. Gestern gingen sie bei den Amsterdam World Open an den Start. Omneya Abdel Kawy, die im Feld der 32 Spielerinnen auf Platz sechs gesetzt war, traf auf Landsfrau Nour El Tayeb – und gewann das Erstrundenspiel.

Abdel Kawy und ihre Kolleginnen sind alle streng gläubig. Doch das sportliche Kopftuch, das ein arabischer Designer kürzlich entworfen hat, würden sie nicht aufsetzen, sagt Heba Al Torky. Al Torky trägt einen weiß-roten Trainingsanzug und ihr Haar als Pferdeschwanz. Beim Training auf dem Court lief sie noch mit einem kurzen Rock herum, der gerade ihren Po bedeckte. Einige Männer, die dem Training zuschauen, wollen offensichtlich nicht das Training, sondern die jungen Frauen ansehen.

Seit dem Gewinn des WM-Titels im Dezember letzten Jahres sind die jungen Frauen ins Interesse der nationalen Medien gerückt. Sie schafften es in verschiedene Fernsehsendungen, und die Tageszeitung Al Ahram, Ägyptens Leitmedium, berichtet seither gelegentlich über Frauensquash, und Magazine liefern Reportagen. Staatspräsident Hosni Mubarak persönlich hat die Ehrenmedaille für „Sportler erster Klasse“ überreicht. Auf der Straße werden die jungen Frauen häufig erkannt.

„Wenn man als kleines Mädchen Sport ohne Kopftuch treibt, ist es ungewohnt, in der Pubertät auf einmal mit Schleier zu spielen“, sagt Omneya Abdel Kawy, als sie sich den Schweiß von der Stirn wischt. „Und trotzdem glaube ich.“ Natürlich könne sich alles ändern, wenn sie heirate, vielleicht höre sie dann auch auf, Squash zu spielen. Momentan sei das aber kein Thema. Momentan verkörpert Abdel Kawy wie ihre Teamkolleginnen, mit denen sie dem Frauensport neue Schlagkraft zu verleihen scheint, das Vorbild für viele junge Mädchen in Ägypten: Sie ist studierte Betriebswirtin, hat mit einem Sportartikelhersteller ihren eigenen Sponsor, für Turniere reist sie etwa 15-mal im Jahr ins Ausland. In ihren Gebeten hat sie Allah aber zu erklären, dass die Hochzeiten und Familienfeiern, die sie nicht selten verpasst, ihr zwar wichtig seien, aber sie sei nun mal Profisportlerin.

Engy Kheirallah kommt vom Squashcourt. Sie ist die Spielerin, die am bekanntesten ist – wegen ihres Ehemanns Karim Darwish, einem der Topspieler im Männersquash. Während der letzten Monate ist das Ehepaar in gut 20 TV-Sendungen aufgetreten und hat sich zur Rolle der Frau und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie geäußert. „Natürlich opfert man Familienleben, viele Verwandte sind enttäuscht. Aber ich arbeite hart für mein Land. Das kann Allah nur gefallen.“ Im Fall von Kheirallah stimmt das, weil ihr Mann Darwish sie unterstützt, und bei ihren noch unverheirateten Kolleginnen ist die Rückendeckung der Familien da. Aber nicht jeder Mann in Ägypten akzeptiert Frauensport, geschweige denn unterstützt ihn.

Die Theologieprofessorin und Fernsehpredigerin Suad Saleh aus Kairo erklärte kürzlich wieder, dass der Mann seine Frau zwar unterstützen müsse, sie aber genauso zu ermahnen habe, wenn diese unvernünftig sei. Zum Beispiel bei Reisen ohne die Zustimmung des Mannes. Widerspenstige Frauen dürfen dann auch geschlagen werden.

„Squash ist ein Sport, den eigentlich nur Menschen der oberen sozialen Klassen spielen. Probleme werden ausdiskutiert. Die Frau sollte dem Mann schon gehorchen, dafür braucht man aber keine Gewalt.“ Als Al Torky ihren Satz beendet hat, schubst ein Mann seine Tochter aus einer Kabinentür. Dahinter gehen zwei verschleierte Frauen und wagen es nicht, den wütenden Vater zurückzuhalten. Keine der vier Spielerinnen kommentiert den Vorfall. Raneem El-Weleily sagt als Erste etwas, bezieht sich, den brüllenden Vater ignorierend, auf die Rechtsgelehrte Suad Saleh. Ob diese Frauensport, der im benachbarten Saudi-Arabien als generell anrüchig gilt, gutheißen würde? „Wahrscheinlich nicht. Aber das ist mir egal, ich spiele nicht für sie.“ El-Weleily wisse, dass es auch in Ägypten eine konservative Schicht gibt, die mit Frauensport nichts anfangen kann und will. „Für die haben wir weder Nerven noch Zeit. Wir trainieren ja jeden Tag“, sagt sie grinsend. Auch die Männer, die nur zum Squashcourt kommen, weil sie dort mehr Frauenhaut sehen als auf der Straße, seien ihr egal. „Männer gucken sowieso. Bei uns sehen sie immerhin noch Sport.“ Ist das Kopftuch für den Sport nun ein Fort- oder Rückschritt? Kheirallah antwortet als Erste: „Spielerinnen, denen der Sport sonst zu freizügig ist, hilft das bestimmt. Aber ich bemühe mich, der internationalen Etikette gerecht zu werden. Da will ich zwar nicht nackt rumlaufen, aber auch nicht verhüllt.“

Konservative mögen sie widerspenstig finden. Für andere sind sie „New Role Models“.

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