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Nach dem Putsch in MyanmarGeneralstreik gegen Generäle

Eine Rekordzahl an Menschen beteiligt sich an den Massenprotesten gegen das Militär. Ein Generalstreik legt trotz Todesdrohungen das Land lahm.

Protestierende in Myanmar rufen zu einem Generalstreik auf Foto: ap

Berlin taz | Drei Wochen nach dem Militärputsch sind in Myanmar am Montag Hunderttausende Menschen gegen das Regime der Generäle auf die Straße gegangen. Das lokale Webjournal Irrawaddy schrieb gar von Millionen von Demonstrant:innen. In den Großstädten Yangon und Mandalay wie in der Hauptstadt Naypyidaw und auch beispielsweise in den Städten Myitkyina, Taunggyi, Lashi, Myawaddy, Dawei, Pathein, Monywa und Bago stand das öffentliche Leben jenseits der friedlichen Massenaufmärsche still. Dies zeigten auf Twitter kursierende Bilder.

Nur Am Rand von Naypyidaw soll es Medienberichten zufolge zwischen einem Dutzend und 20 Festnahmen gegeben haben. In Yangon wichen laut dem Webportal Frontier De­mons­tran­t:in­nen der in zwei Stadtteilen aggressiv auftretenden Polizei aus, die offenbar Straßenschlachten provozieren wollte. Es blieb völlig friedlich.

Die Menschen in dem südostasiatischen Land waren einem Aufruf zum Generalstreik gefolgt. Der war nach der Festnahme vieler Politiker der bisherigen Regierung von der weitgehend führerlosen Demokratiebewegung ausgegangen. Die Kampagne des zivilen Ungehorsams, die im Gesundheits- und Bildungssektor begonnen hatte, entlarvt schon seit gut zwei Wochen mit Streiks die Behauptungen der Putschgeneräle als dreiste Lügen und verweigert ihnen die Gefolgschaft.

Inzwischen fordern viele De­mons­tran­t:in­nen nicht mehr nur die Wiedereinsetzung der gestürzten Regierung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Su Kyi und ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD), sondern auch die Abschaffung der bisherigen politischen Sonderrechte des Militärs sowie eine föderale Verfassung.

„Five Twos“ lautet das Kürzel des Generalstreiks

Nach Meinung von Beobachtern war dies der größte Protest, seitdem die Regierung am 1. Februar wegen angeblichen Wahlbetrugs vom Militär gestürzt worden war.

Unmittelbar vor dem Generalstreik, der wegen des Datums 22. 2. 2021 als „Five Twos“ bezeichnet wird, hatte das Militärüber den staatlichen Fernsehsender MRTV noch unter Verweis auf das Versammlungsverbot mit dem Einsatz tödlicher Gewalt gedroht: „Die Demonstranten stacheln die Menschen, vor allem emotionale Teenager und Jugendliche, zu einem Konfrontationskurs an, bei dem sie den Verlust ihres Lebens erleiden werden.“

Darauf sperrte der Internetkonzern Facebook die Seite von MRTV. Bereits zuvor waren Seiten des Militärs und einige Generäle gesperrt worden. Der bisherige Armeechef und jetzige Putschführer Min Aung Hlaing war schon 2018 von Facebook verbannt worden, weil er in dem sozialen Netzwerk für die gewaltsame Vertreibung der muslimischen Minderheit der Rohingya eingetreten war.

Die jetzt seit einer Woche andauernde nächtliche Sperre von Internet und Mobilfunk durch das Militär war am Montag erstmals bis in den späteren Morgen verlängert worden. Offenbar soll dies die Menschen verunsichern und ihre Kommunikation stören, die Organisierung von Protesten erschweren und zugleich die Verbreitung von Bildern der Repression erschweren. Eine offizielle Begründung für die Sperren gab es bisher nicht. Doch gehört die Betonung von „Disziplin“ zum Mantra der Putschgeneräle.

Bisher waren seit dem Putsch vier Menschen durch Schüsse von Polizei und Militär getötet worden. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation AAPP sind bisher 684 Menschen festgenommen worden, von denen sich noch 637 in Haft befanden.

Die Repression scheint den Widerstand nur zu stärken

Doch die Menschen lassen sich bisher nicht einschüchtern. Vielmehr scheint die Repression vielen klarzumachen, dass sie entschlossen für ihre Rechte auf die Straße gegen müssen. Die Proteste sind „divers, friedlich, entschlossen, würdig“, schrieb ein in Yangon lebender Beobachter bewundernd bei Facebook. „Zumindest in Yangon, Myanmars größter Stadt, sind so gut wie alle Geschäfte geschlossen.“

UN-Generalsekretär António Guterres forderte in einer Videobotschaft zur Eröffnung der Frühjahrssitzung des Menschenrechtsrats in Genf ein sofortiges Ende von Gewalt und Unterdrückung in Myanmar. „Lassen Sie die Gefangenen frei. Beenden Sie die Gewalt. Respektieren Sie die Menschenrechte und den in Wahlen ausgedrückten Willen des Volkes“, sagte er an die Adresse des Militärs gerichtet. „Putsche haben keinen Platz in unserer modernen Welt.“

EU bereitet Sanktionen vor

In einer am Montag von den EU-Außenministern beschlossenen Erklärung wird „ein sofortiges Ende des Ausnahmezustands, die Wiederherstellung der rechtmäßigen Zivilregierung und die Eröffnung des neugewaält Parlaments“ gefordert. Alle im Zuge des Putsches festgenommenden Personen müssten unverzüglich freigelassen werden.

Man wolle alle diplomatischen Kanäle nutzen, um auf eine Deeskalation hinzuwirken, bereite aber auch Sanktionen vor, falls dies nicht gelinge, erklärte der deutsche Außenminister Heiko Maas laut dpa.

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2 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ich finde es natürlich gut, dass die Menschen in Myanmar keine Lust mehr auf Militärdiktatur haben.



    Die Frage ist, wie teuer wird ein Sieg über die Militärs erkauft und v.a. was kommt danach?



    Die "Friedensnobelpreisträgerin" hat doch die Rohingya verraten, oder bin ich da falsch informiert? Selbst die Buddhisten haben hier mitgemischt!

    Damals, als Markos auf den Philippinen gestürzt wurde - Massenproteste der Gelbhemden - folgte Corazon Aquino nach. Sie stammte aus einer der reichsten Familien des Landes. Heute ist der verrückte Mörder und Auftragsmörder Duterte an der Macht.

    Natürlich gibt es keine Alternative zu diesen Protesten in Myanmar, aber die Hoffnungen der Menschen auf eine bessere Welt ist zu oft enttäuscht worden.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Auch in Deutschland ist uns nach dem Kaiserreich mit all seinem Elend und Armut die soziale Demokratie nicht in den Schoß gefallen, sondern wurde errungen nach einer Zeit heftiger Kämpfe, einer abgründig bösen Dikatur, und zweier Weltkriege.

      Aber - abgesehen davon, dass die Gesellschaft des Kaiserreichs heute gar nicht mehr funktionieren kann - wer würde dorthin zurück wollen?