“Tatort“ aus Dresden: Rettung ist für alle da. Oder?
Rettungssanitäter Tarik Wasir ist tot. Die Ermittlerinnen beginnen ihre Arbeit und entdecken einen Berufstand mit schlechten Arbeitsbedingungen.
Ermittlerin Karin Gorniak (Karin Hanczewski) kommt verschnupft zum Tatort. Corona-Alarm etwa? Aber so weit ist man in Dresden noch nicht. Hier herrscht Grippewelle. „Die halbe Stadt ist infiziert“, erklärt Kollegin Leonie Winkler (Cornelia Gröschel).
Am Elbufer ist der Rettungssanitäter Tarik Wasir bei einem Einsatz mit einer Plastiktüte erstickt worden. Seine Kollegin Greta Blaschke kann ihm nicht mehr helfen. Ein „fremdenfeindlicher“ Hintergrund könne nicht ausgeschlossen werden, weiß Kommissariatsleiter Peter Schnabel. Denn: Wasir stammt aus Syrien. Seit drei Jahren lebte er mit seiner Frau in Deutschland.
„Gab es Anfeindungen, Übergriffe? Vielleicht rassistischer Art?“, wird Greta Blaschke gefragt. „Wir werden ständig beschimpft. Bespuckt, bedroht“, sagt sie. Und damit ist auch der Rahmen dieses „Tatorts“ gesetzt, die Metageschichte sozusagen. Es geht um den schwierigen Stand des Rettungsdiensts. Der ist überfordert, unterbesetzt. „Wir stehen hier an vorderster Front“, sagt ein anderer Sanitäter. Bedeutet: Man kriegt besonders viel ab im Einsatz. Mal Pöbeleien, Schläge, auch mal ein Messer in den Hals. Das entspricht leider der Realität. Übergriffe auf Rettungskräfte nehmen zu, das belegen mehrere Studien.
Aber zurück zum Mordfall. Wasir bleibt nicht der einzige Tote. Bald wird ein Anschlag auf einen Rettungswagen derselben Dienststelle verübt. Der Wagen musste einer Puppe, die einem Kind gleicht, ausweichen. Ein Sanitäter stirbt, die andere überlebt schwer verletzt. Um Rassismus ging’s doch nicht.
Dresden-„Tatort“: „Rettung so nah“, So., 20.15 Uhr, ARD und in der Mediathek
Bald stellt sich heraus: Da hatte noch jemand eine Rechnung offen mit Wasir und Greta Blaschke. Ein traumatischer Einsatz der beiden, bei dem die Patientin, ein Kind, nicht gerettet werden konnte (sie erstickte), wird zum Motiv. Erstickt, wie Tarik Wasir? Und ein Kind, wie die Puppe auf der Straße? Da fügt sich etwas.
Die beiden Kommissarinnen ermitteln in diesem Fall am persönlichen, körperlichen Limit. Gorniak mit Grippe und unter Schmerzen einer alten Wunde (in „Das Nest“ wurde sie niedergestochen) und Kollegin Winkler übermüdet und geplagt von Schuldgefühlen. Denn durch ihren Fehler wurde Gorniak damals verletzt. Aber Lichtblick: Am Ende finden die Ermittlerinnen wieder zueinander.
„Rettung so nah“ heißt dieser „Tatort“ übrigens – und klingt damit fast wie ein Versprechen. Dass sich dieses nicht immer für alle einlöst, ist die bittere Erkenntnis dieser Folge.
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