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Ursula von der Leyen gelobt Besserung

Im Europaparlament verteidigt die EU-Kommissionschefin die gemeinsame Impfstoffbestellung, gibt aber Fehler zu. Linke will Untersuchungsausschuss

Aus Brüssel Eric Bonse

Das Wort „Impfdebakel“ kam ihr nicht über die Lippen. Gleichwohl hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel Fehler bei der europäischen Impfstrategie eingeräumt und Besserung gelobt. Sie habe die Probleme bei der Produktion unterschätzt, sagte die CDU-Politikerin bei einer kontroversen Aussprache im Europaparlament. Doch nun soll alles besser werden.

Den besorgten Abgeordneten, von denen wegen des Lockdowns nur wenige vor Ort im Parlament waren, versprach von der Leyen mehr Transparenz, eine „Kontaktgruppe“ für bessere Information und die Behebung von Produktionsengpässen. Zudem sprach sie sich für eine schnellere Zulassung von Impfstoffen aus. Bisher hinkt die EU bei Genehmigungen um mehrere Wochen hinter Großbritannien hinterher.

Die Abgeordneten reagierten höchst unterschiedlich. Während sich die Konservativen hinter die Kommissionschefin stellten, forderte AfD-Chef Jörg Meuthen ihren Rücktritt. „Frau von der Leyen, Ihre Unfähigkeit kostet Menschenleben“, rief er.

Die Linke sprach sich gemeinsam mit deutschen Liberalen für einen Untersuchungsausschuss aus. Doch dafür fand sich keine Mehrheit. Die Parlamentarier konnten sich nicht einmal auf eine Erklärung einigen. Die großen Fraktionen hätten einen „Stillhaltepakt“ mit von der Leyen geschlossen, kritisierte Martin Schirdewan von der Linken. Da die Forschung mit öffentlichen Geldern subventioniert wurde, sollten Impfstoffe als öffentliche Güter eingestuft und Patente freigegeben werden werden, so Schirdewan. Dafür sprachen sich auch Sozialdemokraten und Grüne aus.

Die grüne EU-Abgeordnete Anna Cavazzini forderte zudem, die Impfstoffe auch ärmeren Ländern zur Verfügung zu stellen. Dies hatte die EU-Kommission bereits im Sommer 2020 versprochen – doch bisher ist nicht viel passiert. Im Gegenteil: Die EU hat sich sogar gegen die Freigabe von Impfpatenten im Rahmen der WTO ausgesprochen.

Mittlerweile scheint auch das Ziel zu wackeln, bis zum Sommer 70 Prozent der erwachsenen EU-Bürger gegen Corona zu impfen. Von der Leyen erklärte, ihre Behörde werde „so hart wie irgend möglich daran arbeiten“, um dieses Ziel zu erreichen. Anders als noch vor wenigen Wochen legte sie sich aber nicht mehr fest.

Alle drei europäischen Vertragspartner – Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca – hatten Probleme mit der Lieferung. Deshalb ist die Impfung vielerorts ins Stocken geraten.

Die EU-weite Bestellung wurde im Sommer 2020 angeschoben. Begründet wurde dies mit der Sorge vor Gesundheitsnationalismus. „Ich mag mir gar nicht ausmalen, was es bedeutet hätte, wenn einige wenige große Mitgliedstaaten sich Impfstoff gesichert hätten und der Rest leer ausgegangen wäre“, sagte von der Leyen nun. Sie stehe zu der gemeinsamen europäischen Beschaffung.

Allerdings sind die genauen Umstände dieser Entscheidung bis heute nicht geklärt. Laut EU-Vertrag hat Brüssel kaum Kompetenzen in der Gesundheitspolitik. Die Bestellungen bei den Pharmafirmen wurden deshalb mit den 27 EU-Staaten abgestimmt, das Europaparlament war nicht beteiligt.

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