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Untersuchungsbericht zu Attentat in WienNehammer unter Druck

Laut neuen Erkenntnissen muss Österreichs Innenminister Karl Nehammer von den Absichten des Täters gewusst haben. Das Ministerium bestreitet das.

Soll was gewusst haben: Österreichs Innenminister Karl Nehammer Foto: Tobias Steinmauerer/imago

Wien taz | Der Bericht einer Untersuchungskommission zur Klärung von möglichen Pannen im Vorfeld des Terroranschlags in Wien setzt Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) unter Druck. Man habe zwar nicht „die Smoking Gun gefunden“, so Vorsitzende Ingeborg Zerbes am Dienstag. Doch die gewonnenen Erkenntnisse seien „krass genug“.

Zerbes sprach es so nicht aus, aber Nehammer muss demnach über die dschihadistischen Umtriebe des späteren Attentäters Kujtim F. informiert gewesen sein. Das Attentat hätte verhindert werden können.

Am 2. November tötete ein Attentäter in der Wiener Innenstadt vier Menschen und verletzte weitere zwei Dutzend, bevor er selbst von der Polizei erschossen wurde. Schnell war der Täter identifiziert, er hatte sich längst auf dem Schirm der Verfassungsschützer befunden.

Allerdings, und da setzt die Kritik der Kommission ein, hätten die Behörden bei der Weitergabe von Informationen versagt. So habe das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) das zuständige Landesamt nicht in Kenntnis gesetzt, dass der Verdächtige im Sommer in Bratislava Munition für ein Kalaschnikow-Sturmgewehr kaufen wollte.

Vom Innenministerium ignoriert?

Der gesamte Bericht wird vor seiner Veröffentlichung noch von den Ministerien geprüft. Mit Zensur ist zu rechnen, denn ein im Dezember präsentierter Zwischenbericht ist vom Innenministerium in zentralen Stellen geschwärzt worden. Dem vom Ex-Abgeordneten Peter Pilz gegründeten Enthüllungsmedium ZackZack.at liegt eine unzensierte Fassung vor, die jetzt teilweise online gestellt wurde.

Das BVT habe jedes Jahr Berichte über die dschihadistische Szene, also das Umfeld des Attentäters, erstellt. Laut ZackZack sei ein solcher Bericht auch 2020 an den Innenminister gegangen, dessen Existenz vom Ministerium allerdings bestritten wird.

Das BVT hatte auch ein Treffen des späteren Attentäters mit IS-Kämpfern aus Deutschland und der Schweiz am 17. Juli 2020 observiert. Knapp eine Woche später meldete es das Ergebnis weiter. Kujtim F. wird als Angehöriger des „hiesigen islamistisch/extremistischen Spektrums rund um die Städte St. Pölten und Wien“ beschrieben, resümiert die Untersuchungskommission.

Die folgende Passage ihres Zwischenberichts wurde dann geschwärzt: „Das gesamte Treffen wird vom BVT angesichts seiner ‚Multilateralität‘ in den Kontext eines ‚sich in Wien konsolidierendes internationales (sic!) Netzwerk von Islamisten‘ und mit einer ‚IS-Terrorzelle im Kosovo‘, der die Planung von Anschlägen (auch) in Europa zugeschrieben wird, in Verbindung gebracht.“

Eindeutiger kann man einen potenziellen Attentäter nicht identifizieren.

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1 Kommentar

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  • 2G
    28132 (Profil gelöscht)

    "Muss gewusst haben", das Innenministerium bestreitet dies..... kommt mir bekannt vor! Diese "Anschläge" nützen doch den rechten Popolisten, deshalb sind sie willkommen, bis lanciert. Amri war auch "hinlänglich bekannt", dass dies, wie auch die Verbindungen zum NSU vom Verfassungsschmutz bestritten wird, gehört zum "Geschäft". Wenn man die Geschichte der franz. Mafia- es gab 2 Strömungen, eine aus der Resistance und eine von Kollaborateuren (Korsika)- ein wenig kennt, muss man sich nicht wundern, dass alle "Attentäter" aus den franz. Kolonien abstammen, in Frankreich aufgewachsen sind und mit dem "Islam" nur die "Gnade ihrer Geburt" verbinden, ansonsten eher durch Drogenhandel und Kleinkriminalität aufgefallen sind. Es sind "leicht steuerbare agent provocateurs", wie sie der dt. Verfassungsschmutz schon in den 60er Jahren bei Demonstrationen der APO eingesetzt hat und Mollies, aber auch Sprengsätze gegen die jüd. Synagoge in Berlin liefern liess. Dass dort "maaß"haltig gearbeitet wird, ist demnach nicht verwunderlich...