Untersuchung im Fall Anis Amri: Gut geschütztes Staatsgeheimnis
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hält sich über V-Leute weiter bedeckt. Vor allem für die Angehörigen der Opfer ist das bitter.
A uch nach drei Jahren Arbeit des Untersuchungsausschusses zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz sind zahlreiche Fragen offen. Auch zur Rolle des Bundesamts für Verfassungsschutz. Das ist umso misslicher, weil die Behörde nach dem Anschlag alle Verantwortung von sich wies. Es habe keine V-Leute im Umfeld des Attentäters Anis Amri gehabt, hieß es. Der damalige Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, sprach sogar von einem „reinen Polizeifall“.
Das entsprach, vorsichtig gesagt, nicht der Wahrheit. Das Bundesverfassungsgericht hätte nun dazu beitragen können, die Rolle des Bundesamts etwas besser auszuleuchten. Doch leider hat es eine Klage abgelehnt, mit der die Aussage eines V-Mann-Führers des Bundesamts im Untersuchungsausschuss erzwungen werden sollte.
Warum das Bundesamt trotz eines V-Manns in der Fussilet-Moschee angeblich über keine Informationen über Amris Radikalisierung und seine Anschlagspläne verfügte – es wird weiter unklar bleiben. Das ist für die Öffentlichkeit und erst recht für die Angehörigen der Opfer nicht nachvollziehbar. Sie haben ein Recht darauf zu erfahren, wie ein gefährlicher Islamist vom Radar der Sicherheitsbehörden verschwinden und am Ende auf dem Breitscheidplatz elf Menschen und zuvor den Lkw-Fahrer töten konnte.
Hinzu kommt Grundsätzliches: Mit seiner Entscheidung lässt das Gericht zu, dass sich Verfassungsschutz und Bundesinnenministerium wieder einmal gegen die Aufklärung und für den Schutz ihrer Quellen entscheiden. Die parlamentarische Kontrolle von V-Leute-Einsätzen, die ohnehin problematisch sind, wird so unmöglich. Einen kontrollfreien Raum aber darf es nicht geben. Das sehen nicht nur linke Kritiker*innen so:
Verfassungsrichter Peter Müller, Ex-CDU-Ministerpräsident des Saarlandes, hat eine abweichende Meinung zu Protokoll gegeben. Danach überbewertet die Senatsmehrheit in ihrer Entscheidung „exekutive Geheimhaltungsinteressen“ des Staates. Das aber war im gesamten Senat leider nicht mehrheitsfähig.
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