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Rassismus-Beauftragte*r gefordertEine Stelle gegen Hass

Rassismus soll aktiv bekämpft werden: Dafür sollte es eine*n Beauftragte*n des Landes geben, fordert der Bremer Rat für Integration.

Integration erfordert viele Opfer: Die Ex-Bremerin Marwa Sherbini wurde 2009 in Leipzig erschossen Foto: Robert Michael/dpa

BREMEN taz | Die Funktion eine*r Antirassismusbeauftragte*n zu schaffen, fordert der Bremer Rat für Integration (BRI). Zu verstehen sei diese „analog zur Frauenbeauftragten“, heißt es in einer Stellungnahme zum „Rahmenkonzept Diversity“, das der Senat derzeit erarbeiten muss. Behördenübergreifend sollte diese Zentralstelle arbeiten und personell mit mindestens zwei Vollzeitkräften ausgestattet sein, so die Idee des BRI.

Außerdem regt der Rat an, im Gesundheitsressort ein eigenes Referat „Armut, Migration und Gesundheit“ zu schaffen. Insgesamt sei es wichtig, die Verwaltung über die bisherige erfolgreiche Gleichstellungspolitik hinaus für „intersektionale Frauenpolitik“ zu sensibilisieren.

Der Begriff Intersektionalität bezeichnet den Umgang mit der Tatsache, dass den meisten Diskriminierungserfahrungen ein Zusammenspiel von unterschiedlichen mit Vorurteilen behafteten Eigenschaften und gesellschaftlich negativ bewerteten Zuschreibungen zugrunde liegt.

Ein besonders krasses Beispiel ruft der BRI in Erinnerung: Am 3. November war in Huchting eine Schwarze Frau im Nachtbus rassistisch und sexistisch beleidigt worden, bevor die Angreifer sie mit Schlägen und Tritten krankenhausreif geprügelt hatten. Gebot der Stunde sei deshalb ein inklusiver Feminismus, „der über Gewaltschutz- und Sprachprogramme hinausgeht“ so der BRI, „und sich eingehender mit den Belangen von allen Frauen* befasst.“

Beteiligung gefordert

Zur Stellungnahme war der Rat von der Sozialsenatorin aufgefordert worden: Vor einem Jahr hatten alle Fraktionen der Bürgerschaft beschlossen, dass die Verwaltung ein „Rahmenkonzept gesellschaftliche Teilhabe und Diversity“ bis Ende 2020 solle – und migrantische Selbstorganisationen und die Öffentlichkeit daran zu beteiligen seien. Corona hat die Prozesse verlangsamt.

Noch ist die Beteiligungsphase nicht ganz abgeschlossen, aber die meisten Vorschläge sind eingereicht. Und ein bisschen wirkt man bei Soziales überrumpelt vom konkreten Ergebnis: „Ich weiß nicht, ob in einem solchen Rahmenkonzept die Forderung Platz hat, die Stelle eines Beauftragten zu schaffen“, sagt Bernd Schneider, Sprecher der Senatorin. Ob die Spitze des Hauses eine entsprechende Empfehlung aussprechen werde, steht auch nicht fest: „Das ist eine Frage, die im politischen Raum erörtert werden muss“, so Schneider.

Das Argument des BRI ist dabei nicht von der Hand zu weisen: Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft und rassistischer Zuschreibung nimmt zu. Ein starker Indikator dafür sind die bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes dokumentierten Rassismusfälle, deren Zahl sich seit 2014 verdoppelt hat.

Die Studien, die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit messen, bestätigen das Vordringen xenophober Einstellungen und das Anschwellen von diffusem Hass. Während die bereits beschlossene Antidiskriminierungsstelle in erster Linie Beschwerden aufnehmen soll, hätte ein*e Antirassismusbeauftragte* eine gestalterische Aufgabe.

Statt nur immer neue Opfergeschichten aufzeichnen zu müssen und ihnen nachzugehen, könnte sie dem Trend zum Hass entgegenwirken, Schulungen anbieten, für Aufklärung sorgen – und für Empowerment.

Grüne reagieren mit Wohlwollen, CDU mit Skepsis

Unterstützung signalisiert die Linksfraktion: „Eine Anlaufstelle, die der ZGF gleichgestellt wäre, wäre angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung nur legitim“, sagte deren Vorsitzende Sofia ­Leonidakis der taz. „Wir begrüßen das Positionspapier des BRI als wertvollen Beitrag zur Debatte.“

Auch die Grünen schauen mit Wohlwollen auf den Vorschlag, allerdings verhaltener: „Angesichts der Entwicklung kann ich die Forderung gut verstehen“, begrüßte Sahhanim Görgü-Philipp zwar die Stellungnahme des BRI, darauf festlegen könne sie sich indes derzeit nicht, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bürgerschaftsgrünen: „Wir haben sehr viel angestoßen“, sagt sie, deshalb müsse man schauen, wie die Maßnahmen insgesamt zusammenpassen.

Mit Skepsis reagiert die CDU auf den Vorstoß: Die Bürgerschaft habe im vergangenen Jahr beschlossen, einen Aktionsplan Antirassismus zu erstellen und eine Antidiskriminierungsstelle einzurichten, erläuterte die Integrationspolitikerin Sigrid Grönert der taz. Das seien „Beschlüsse, mit denen sich das Thema Rassismusbekämpfung aus Sicht der CDU gut abdecken“ lasse. „Deshalb werden wir uns nicht hinter die Forderung stellen.“

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1 Kommentar

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  • ... und in Niedersachsen will der Landesinnenminister Pistorius (SPD) ein Verbot von Antifa-Gruppen prüfen. Viele so gerne vor, dass Deutschland in Aufarbeitung der Geschichte vorbildlich wäre. Tatsächlich wurde offenbar nichts gelernt aus Geschichte und Gegenwart.