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Twitter und Facebook sperren TrumpMacht der Tech-Giganten

Twitter und Facebook sperren Trump, um mehr Gewalt zu verhindern. Ihr Vorgehen wirft aber einmal mehr Fragen nach der Macht der Konzerne auf.

Abgewählt und ausgezwitschert: Noch-US-Präsident Donald Trump Foto: Steven Ferdman/Everett Collection/imago

Mehr als 1.400 Tage konnte sich Donald Trump auf den sozialen Medien austoben. Facebook und Twitter haben Trump groß gemacht, Trump hat Facebook und Twitter groß gemacht. Eine klassische Win-win-Situation für beide Seiten. Kurz vor dem offiziellen Amtsende des US-Präsidenten am 20. Januar ist nun Schluss damit.

In den vergangenen Tagen hagelte es Sperren und Ausschlüsse auf Twitter, Facebook, Instagram. Auch die Konten seiner treuesten Anhängerschaft wurden dort blockiert. Die Ausweich-Plattform Parler ist von Google und Apple aus ihren App-Stores verwiesen worden.

Es sind Entscheidungen im Stundentakt, die unmittelbar auf die Krawalle im und am Kapitol in Washington am vergangenen Mittwoch folgen. Und sie sind ein weiteres Zeichen für die Machtkonzentration und Entscheidungsgewalt digitaler Plattformen, die weltweit Mil­liarden Menschen nutzen.

Tatsächlich versuchen Demokraten und Republikaner seit Jahren, die Macht der Tech-Giganten zu brechen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auf die Freude vor allem innerhalb linker Kreise über die Sperren nun eine kontroverse Debatte über die Monopolstellung einiger weniger Tech-Konzerne folgt.

Unterschiedliche Argumente für Entmachtung

Im Kern geht es um eine Regulierung von Onlineplattformen, insbesondere die sogenannte Section 230. Sie ist Teil eines Internetgesetzes, des Communications Decency Act von 1996. Darin heißt es, kurz zusammengefasst, dass die Unternehmen hinter den Webseiten nicht verantwortlich sind für die Inhalte, die ihnen Nutzer:innen liefern. Es bleibt allein den Tech-Giganten überlassen, ob sie eine Sperre oder Blockade veranlassen.

Insbesondere die US-Wettbewerbsbehörde FTC sowie mehrere Dutzend US-Bundesstaaten versuchten, die enorme Machtkonzentration von Google oder Facebook zu zähmen. Beispielhaft wurde das von Mark Zuckerberg geschaffene Imperium Facebook verklagt, weil es durch immense Zukäufe den Wettbewerb behindert. Das Verfahren wird vermutlich noch Jahre andauern. Expert:innen zufolge wird es bereits bei Datenschutzverstößen nicht auf einen Vergleich hinauslaufen, sondern auf eine gesetzlich angeordnete Zerschlagung des Konzerns. Gelingt dies, könnte dies den Präzedenzfall schaffen für andere Tech-Konzerne wie Google.

Die Demokraten haben demnächst die Überhand in beiden Kammern, dem Senat und dem Repräsentantenhaus. Auch sie werden mit großer Sicherheit die von Trump angestoßene Anti-Kartell-Gesetzgebung weiterverfolgen. Ein Zeichen dafür ist die Nominierung von Vanita Gupta, einer prominenten Bürgerrechtsanwältin und Face­book-Kritikerin, als zukünftige Nummer drei im Justizministerium.

Die Argumentation zwischen Republikanern und Demokraten ist unterschiedlich: Während die Republikaner sich vor allem auf vermeintliche Zensur und Cancel Culture stützen, setzen die Demokraten darauf, dass die Tech-Giganten sich durch mehr Wettbewerb verantwortlicher für die Inhalte auf ihren Plattformen zeigen. Und damit früher menschenverachtende Äußerungen sperren oder löschen. Letzteres hätte zur Folge, dass auch Posts aus internationalen Regimen, die Hass und Hetze verbreiten, früher unterbunden werden.

Mit den Sperren sind die Anhänger:innen Trumps nun nicht verschwunden. Sie wandern zur Plattform Parler. Apple und Google haben sie aus ihren jeweiligen Stores bereits entfernt oder geblockt. Sicher ist, dass sich Trump-Fans online ein neues Forum suchen, um ihre kruden Ideologien zu radikalisieren und zu verbreiten. Sogar von einer eigenen, neuen Plattform ist die Rede. Trump hat jedenfalls schon „Großes“ angekündigt. Mit einer Zerschlagung der Machtkonzentration der Tech-Giganten ist es also noch nicht getan.

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7 Kommentare

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  • @Taz "Twitter und Facebook sperren Trump"

    Diese Aussage ist falsch. Sollte man als Journalist aber wissen!

    Es wurde bei Twitter der private!!! Account von Trump gesperrt.

    Der offizielle Account des POTUS ist nach wie vor online und nicht gesperrt.

    Man sollte also in der Berichterstattung ganz deutlich trennen: Die sperre betrifft den Privatmann Trump, der gegen Nutzungsbedingungen (das ist ein rechtsgültiger Vertrag wenn man einwilligt!) verstoßen hat.

    Es steht dem POTUS bzw. dem weißen Haus weiterhin frei offizielle Meldungen auf Twitter zu veröffentlichen.

  • Google, Twitter, Facebook und co haben sehr große Macht. Aber sie haben sie sich nicht genommen, sondern sie wurde Ihnen gegeben, von infantilen Selbstdarstellern überall auf der Welt und deren Publikum: Leute die sich aus mir unerfindlichen Gründen für das Privatleben Wildfremder interessieren. Die gleichen schwachen Menschen, die sich am Versagen von vermeintlich noch dümmeren Zeitgenossen auf RTL2 ergötzen oder bunte Zeitungen ala Bild der Frau lesen, um rauszufinden, welche Z-Promi-Ehe diese Woche zerbricht.

    (Fast) jedes Unternehmen kann sich seine Kundschaft frei aussuchen. Facebook ist kein Menschenrecht, es ist nur ein unverbindliches Angebot.



    Weshalb deswegen so ein Fass aufmachen? Sollen die doch sperren wen sie wollen, dann geht man halt zur (noch) kleinen Konkurrenz. Und alsbald ist Facebook weg wie damals MySpace.

    Mich tangiert das allerdings überhaupt nicht, mir müsste was fehlen diese Plattformen zu nutzen.

  • 9G
    90564 (Profil gelöscht)

    und die taz will das diskutieren wegen trump, nicht wegen des geblockten accounts des EAhamburg? lässt leider tief blicken. zensur wird zum thema, weil rechtsradike ge-deplatformed werden, nicht wegen linksunten oder des EAhamburg, bitter!

    • @90564 (Profil gelöscht):

      Wobei schon auch zu fragen wäre warum ein EA auf Twitter/Facebook setzt und nicht auf eigene oder zumindest unabhängige Infrastruktur. Einen Webserver, Mail-Verteiler oder RSS-Feed aufzusetzen sollte ja nun kein Ding der Unmöglichkeit sein und man hätte zumindest die Sicherheit, dass da kein Privatunternehmen nach Gutdünken den Stecker ziehen kann.



      Und zu linksunten wurde meiner Erinnerung nach recht ausführlich berichtet.

  • "Apple und Google haben sie aus ihren jeweiligen Stores bereits entfernt oder geblockt."



    Analog könnte Microsoft auch den Chrome-Browser sperren. Google (als direkter Konkurrent von Parler) hat nichts aus den Verfahren gegen Microsoft gelernt.

  • @KDITD: Nehmen wir an, Sie können Ihren Nachbarn auf den Tod nicht ausstehen. Und vielleicht hätten Sie auch einen handfesten Grund dafür.

    Wenn jetzt eine Bombe in seinem Haus einschlägt: einerseits mögen Sie im Stillen seufzen "endlich!", andererseits werden Sie in Sorge darüber sein, woher das jetzt kam, und ob es bei Ihnen demnächst auch einschlägt.

    Anders ausgedrückt: bloss, weil jetzt manche Plattformen Trump sperren (endlich! -- war auch Zeit!) sind sie in dieser Form und mit ihrem Geschäftsmodell lange nicht heilsam für unsere Gesellschaft.

    Im Gegenteil, sie haben z.T. Trump die Reichweite verschaft, die er hatte, und verziehen sich erst jetzt, da sein Stern zu sinken scheint.

    In meinen Augen sind sie mit ihrem Geschäftsmodell Parasiten. Schädliche.

  • Da machen die mal das Richtige, und jetzt ist es auch nicht recht... einen Faschisten und Möchtegern-Diktator nach 4 Jahren und 1 Sturm auf das Kapitol zu sperren, wirft plötzlich Fragen nach der Macht der Tech-Konzerne auf... seufz.