Bundeskartellamt zieht Jahresbilanz: 358 Millionen Euro Bußgelder
Die Kartellwächter:innen ziehen ihre Jahresbilanz. Der Fokus liegt auch auf der Digitalbranche. Doch die Zahl der Kronzeugen sinkt.
Ein kleiner Teil der Bußgelder wurde gegen natürliche Personen – also Verantwortliche in den Unternehmen – verhängt. Im Vorjahr lagen die Bußgelder bei 848 Millionen Euro, während sie 2018 ähnlich hoch waren wie jetzt. „Wirtschaftlich schwierige Zeiten sind keine Rechtfertigung für Kartellabsprachen“, sagte Behördenchef Andreas Mundt.
Kartellabsprachen sind verboten: Sie hemmen den Wettbewerb, was beim Kunden zu höheren Kosten führt. Wie viel der Staat nach Verhängung der Bußgelder letztendlich in die Kasse bekommt, ist noch unklar. Denn die betroffenen Unternehmen können den Bußgeldbescheid vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht kippen oder abmildern lassen. Allerdings kann das Gericht den Vorgang auch strenger bewerten als die Behörde und die Zahlungsverpflichtungen erhöhen.
Bei ihrem Vorgehen setzen Deutschlands oberste Wettbewerbshüter auf Informationen direkt aus dem Kreis der Kartellanten – Firmen haben die Möglichkeit, als Kronzeugen die Karten auf den Tisch zu legen und dann nichts oder nur relativ wenig Geld zahlen zu müssen. 2020 beteiligten sich den Angaben zufolge 13 Unternehmen an dem Kronzeugenprogramm. Das waren weniger als in den Vorjahren: 2018 waren es 21 Kronzeugen und 2019 noch 16.
Für die Behörde ist das eine negative Entwicklung. „Angesichts rückläufiger Kronzeugenanträge als Folge vermehrter Schadenersatzprozesse erkunden wir innovative Ermittlungsmethoden wie das ‚Screening‘ von Märkten“, sagte Mundt. Auch die Möglichkeiten des digitalen anonymen Hinweisgebersystems würden ausgebaut.
Besonders im Blick hat die einflussreiche Behörde aktuell die Digitalwirtschaft. Die Marktmacht von Branchenriesen ist für die Bonner Grund zur Besorgnis. 2019 hatte das Kartellamt zum Beispiel Facebook Beschränkungen zur Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt. Die Novelle eines Bundesgesetzes, die bis zum Frühjahr Bundestag und Bundesrat passiert haben könnte, würde die Befugnisse des Kartellamts erweitern. Die Bonner könnten dann Unternehmen „mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb“ im Kontext der digitalen Wirtschaft gewisse Verhaltensweisen verbieten.
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